Fluglärmfakten statt Betreibermärchen: Die Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) setzen sich bundesländerübergreifend für eine nachhaltige Reduzierung der luftverkehrsbedingten Belastungen (Fluglärm und -dreck) – verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ – ein. Sie übernehmen damit überparteilich und unabhängig Kontrollfunktionen, die im Grunde durch die zuständigen Fachverwaltungen (BWVI & BUE) hauptamtlich zu leisten sind; jedoch von diesen (bisher) nur unzureichend erbracht werden. Achtung: Fluglärm ist aktiv zu bekämpfen, nicht nur passiv zu verwalten! Und: Nicht die sich zu Recht beschwerenden Bürgerinnen und Bürger stellen das Problem dar, sondern der überbordende Fluglärm und die permanenten Regelverstöße.
Mit den „Flugtönenden Repliken 2017“ werden die gravierenden Missstände und die dramatischen Belastungsfehlentwicklungen im vergangenen Jahr aufgezeigt. Sie stellen ein wichtiges Korrektiv gegenüber den bestehenden, zumeist luftverkehrsnahen medialen Berichterstattungen dar. Ehrenamtlich setzen sich in diesem Zusammenhang zahlreiche Bürgerinnen und Bürger für einen tragfähigen Interessensausgleich ein; Monat für Monat:
- Januar 2017
Acht von zehn Hamburgerinnen und Hamburgern nutzen den Flughafen in Fuhlsbüttel, ohne selbst von den Negativfolgen des Flughafenbetriebes betroffen zu sein. Ein großer Teil hiervon ist nicht bereit, auch nur im Ansatz Eigenverantwortung dahingehend zu übernehmen, die gesetzlich vorgeschriebene Nachtruhe einzuhalten und auf diese Weise einen hinreichenden Ausgleich zwischen ihrem Partikularinteresse (Mobilität) und dem Wohl der Allgemeinheit (körperliche und seelische Unversehrtheit) zu erzielen! – Es fehlt offensichtlich an Empathie und Mitgefühl für die Bürgerinnen und Bürger, die jeden Tag und einen großen Teil der Nacht – d.h. an 365 Tagen im Jahr bis zu 18 Stunden am Stück – eines wesentlichen Teils ihrer Lebensqualität durch den überbordenden Flughafenbetrieb beraubt werden. Jeder Flugreisende kann mit seinem / ihrem Handeln entscheiden, Teil des Problems oder Teil der Lösung zu sein: Bedenken Sie, dass Flugbewegungen vor 7 Uhr und nach 22 Uhr besonders belastend sind für die Anwohnerinnen und Anwohner in den An- und Abflugschneisen sowie im Umfeld des Flughafens!
Nachhaltige Belastungsreduzierung
Der Stellenwert des aktiven Lärm- / Schallschutzes – das heißt, die Durchführung von Maßnahmen, die geeignet sind, den Fluglärm an der Quelle zu reduzieren – fristet in Hamburg ein Schattendasein. Der rücksichtslosen Gewinnmaximierung der Airlines wird immer häufiger Vorrang vor Gesundheitsschutz gegeben – sehr zum Leidwesen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Fest steht jedoch, dass vermeidbarer Fluglärm unzumutbar ist, Fluglärm auf das technisch machbare Minimum zu reduzieren ist und dass der Fluglärm zwingend auf ein dauerhaft verträgliches Maß zu begrenzen ist! Ziel muss es daher sein, den Fluglärm nachhaltig zu reduzieren. Nachhaltig bedeutet dauerhaft ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich.
Flughafen-„Pünktlichkeitsoffensive“ gescheitert!
Die gesetzliche Nachtruhe beginnt in Deutschland um 22 Uhr. Am innerstädtisch gelegenen Hamburger Flughafen „Helmut Schmidt“ ticken die Uhren leider anders. Im Jahr 1971 wurde festgelegt, dass die dortige Betriebszeit bis 23 Uhr geht. Sehr zum Leid der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowohl im Nahbereich um den Flughafen als auch weit in das Umland hinaus ist jedoch nicht einmal die „23 Uhr-Schallgrenze“ verbindlich. Gibt es im Laufe eines Tages irgendwann, irgendwo im Luftraum über Europa eine „Störung im Betriebsablauf“, darf in Hamburg munter bis 24 Uhr weiter gedonnert werden. Dies hat sich bei den Fluggesellschaften lange herumgesprochen, mit der Folge, dass Starts und Landungen bis weit nach offiziellem Betriebsende gewinnsteigernd eingeplant sind. Von Beginn der „Pünktlichkeitsoffensive“ im Mai 2016 bis Ende desselben Jahres wurde die bestehende Nachtflugbeschränkung nur an 33 von 244 Tagen eingehalten. Dies entspricht einer Einhaltungsquote von minimalen 13,5 %. Ein völliges auf den Kopf stellen von Regel und Ausnahme!
Fluglärmkennzahlen für das Jahr 2016
Das Jahr 2016 war mit einem Lärmteppich von 14 km² das lauteste Flugjahr seit Beginn des Jahrtausends; sowohl die Anzahl an nächtlichen Flugbewegungen nach 22 Uhr mit 7.235 Starts und Landungen (d.h. durchschnittlich 19,8 pro Nacht) als auch die Flugbewegungen außerhalb der offiziellen Betriebszeiten (953 Starts und Landungen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr, d.h. durchschnittlich 2,6 pro Nacht) weisen ein Maximum seit mindestens 2011 auf. Der durchschnittliche Lärmteppich je Flugbewegung ist von 2003 mit 139 m² auf 157 m² im Jahr 2016 nahezu kontinuierlich angestiegen. Kurz gesagt: Es wird immer lauter und die Belastungen verschieben sich zunehmend in die besonders sensiblen Nachtzeiten.
- Februar 2017
Senatsmeinung zur Belastungssituation
Der Hamburger Senat ist der (irrigen) Meinung, dass „mit strengen Nachtflugbeschränkungen, Lärmkontingentierung, dem lärmabhängigen Landeentgelt, dem Bau der Lärmschutzhalle für Probeläufe großer Flugzeuge, mit lärmoptimierten An- und Abflugrouten, festgelegten Bahnbenutzungsregeln und durch immer weitere Reduzierung von lautem Fluggerät, aber auch durch bestimmte betriebliche Regelungen für Abläufe am Boden es dem Senat gelingt, den Fluglärm zu begrenzen“. Fakt ist hingegen, dass bestehende Regeln zum Schutz der Bevölkerung immer häufiger umgangen werden, ohne dass hieraus Konsequenzen für die Regelbrecher entstehen. Und auf den Airbus-Neo als „Heilsbringer“ zu setzten, heißt Warten auf Godot. Insbesondere die immense Zunahme der nächtlichen Flugbewegungen erweist sich als besonders belastend für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Dabei ist allgemein bekannt, wie wichtig Schlaf in hinreichender Quantität und Qualität für die Gesunderhaltung des Menschen ist.
Erholsamer Schlaf in genügender Quantität und Qualität ist essentiell. Bereits die bestehende Betriebszeit des Flughafens „Helmut Schmidt“ von täglich 17 Stunden führt dazu, dass tausende Bürgerinnen und Bürger systematisch ein Schlafdefizit aufgebrummt bekommen. Infolge der Verspätungsoffensive der Airlines – mit (betriebswirtschaftlich gewinnbringenden) Flugbewegungen bis 24 Uhr – reduziert sich die Schlafphase auf maximal sechs Stunden. Dies schädigt die Gesundheit der Betroffenen wesentlich. Die gleichsam zielführende wie verhältnismäßige Maßnahme, dieses Missverhältnis nachhaltig zu beheben, stellt die unmittelbare Einführung und nachfolgend konsequente Umsetzung eines echten Nachtflugverbotes von 22 Uhr bis 6 Uhr dar. Alles andere ist unsozial.
Regelverstöße als Geschäftsmodell
Über die Macht der Billigflieger und deren Negativfolgen lässt sich nicht streiten. Ryanair-Chef O’Leary ist sich sicher, dass „ihr Deutschen noch nackt über Glasscherben kriechen würdet, um endlich billig fliegen zu können“. Soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz sind ihm zuwider: „Die Beschäftigten sind unser größter Kostenblock und viele sind so faul, dass wir sie ständig in den Hintern treten müssen. Umweltschützer ärgern wir wo immer wir können. Eigentlich müsste man die erschießen“.
In sechs von sieben Nächten wird das Betriebsende von 23 Uhr am „Helmut Schmidt“-Flughafen nicht eingehalten. Für die Anwohnerinnen und Anwohner in den An- und Abflugkorridoren sowie im Nahbereich des Flughafens besonders negativ ins Gewicht fallend ist, dass die Billigflieger weit überdurchschnittlich häufig Verspätungen generieren. Drei von vier verspäteten Starts oder Landungen nach 23 Uhr gehen auf deren Konto. Im Kern geht es bei der Billigfliegerei darum, mit radikal niedrigen Preisen Fliegen einem Massenpublikum aufzudrängen – zu Lasten Dritter. Am innerstädtisch gelegenen Flughafen in Hamburg Fuhlsbüttel wurde die Büchse der Pandora (Kobern der Billigflieger mit Rabattprogrammen) mit Hilfe des Senats im Jahr 2005 geöffnet.
- März 2017
Auf dem Papier herrscht in der Bürgerschaft, im regierenden Senat sowie beim Flughafenbetreiber und bei den Fluggesellschaften große Einigkeit dahingehend, dass die Belastungen für die Bevölkerung durch den Betrieb des innerstädtischen Flughafens in Hamburg-Fuhlsbüttel zu reduzieren sind und insbesondere die Nachtruhe zu sichern ist. Die Reduzierung der täglichen Betriebszeit am Flughafen „Helmut Schmidt“ um eine Stunde (d.h. 6 %) stellt ein gleichsam zielführendes wie verhältnismäßiges Instrument dar, um einen nachhaltigen Interessensausgleich zwischen dem Flughafenbetreiber und den Fluggesellschaften einerseits sowie den Betroffenen andererseits zu erreichen. Wie es sich mit den Arbeitsplätzen bei der Einführung eines echten Nachtflugverbotes verhält, erfahren sie im NoFlyHAM-Blogbeitrag „Gute Nacht, Helmut“.
In Hamburg belasten diverse Lärmtypen jeweils Teile der Bevölkerung; Straßen- und Schienenlärm, Fluglärm, (Hafen-)Industrielärm und Eventlärm sind herausragend zu nennen. Bezüglich des Fluglärms ist festzuhalten, dass acht von zehn Hamburgerinnen und Hamburger den Flughafen in Fuhlsbüttel nutzen, ohne selbst von den Negativfolgen des Flughafenbetriebes betroffen zu sein. Dies führt dazu, dass das Fluglärmproblem seitens der zuständigen Fachbehörden sowie der politischen Entscheidungsträger über Jahrzehnte als weniger dringlich erachtet wurde. Erst in den vergangenen Jahren hat ein Umdenken begonnen: Im Koalitionsvertrag des regierenden Senats wurde dem Thema „Reduzierung des Fluglärms“ ein deutliches Gewicht beigemessen. Ein Ergebnis stellt das Fluglärmschutzbeauftragtengesetz aus dem Jahr 2016 dar. Bis der Flughafenbetrieb Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, ist es jedoch noch ein (sehr) weiter Weg.
- April 2017
Wie reagiert der kommerzielle Betreiber des Hamburger Flughafens darauf, dass ihm nunmehr deutlich auf die Finger geschaut wird? Die Antwort finden Sie im NoFlyHam-Beitrag „Planlos“. Für den Sommerflugplan 2017 zieht es die Flughafen Hamburg GmbH vor, nur noch tageweise anzugeben, welche Flugziele angesteuert werden. Konkrete Abflug- und Ankunftszeiten? Fehlanzeige! Diese gezielte Minderinformation wird als „überschaubar und kompakt“ angepriesen. Die Flughafenbetreiber von München, Köln/Bonn, Stuttgart, Düsseldorf, Nürnberg, Saarbrücken, Hannover, Leipzig und Dresden haben eine derartige Trickserei „Desinformation“ nicht nötig. In deren Sommerflugplänen 2017 erhalten die Leser schneller und komfortabler die gewünschten Auskünfte …
„Es gibt ein Grundrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit, aber kein Recht auf Mobilität zu jeder Tag- und Nachtzeit“, bringt es der BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch anlässlich des Beginns der Volkspetition zur Einführung eines echten Nachtflugverbotes am innerstädtisch gelegenen Regionalflughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel auf den Punkt. Mit der Veröffentlichung des ersten BUND-Fluglärmreports hat der große (streiterfahrene) Umweltverband nunmehr begonnen, Position für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu beziehen. Gut so!
Vor fast genau einem Jahr gingen Vertreter mehrerer Fluggesellschaften (Lufthansa, Germanwings, Eurowings, Condor, Air Berlin, easyJet) zusammen mit dem Flughafenbetreiber (FHG) eine freiwillige Selbstverpflichtung ein, „so selten wie möglich“ nach 23 Uhr – d.h. nach offiziellem Betriebsende – am innerstädtisch gelegenen Regionalflughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel zu starten und zu landen. Mittels detaillierter DFLD-Flugspurenauswertungen kann ermittelt werden, wie die Bilanz im ersten Jahr der sogenannten „Pünktlichkeitsoffensive“ ausfällt: Die Rangliste der Verspätungsflüge im Jahr 2016 führt Germanwings mit 159 Landungen und 14 Starts in der zweiten Nachtstunde zwischen 23 Uhr und 24 Uhr an, gefolgt von Air Berlin mit 133 Landungen und 13 Starts in diesem Zeitraum. Auffällig ist, dass bei easyJet, mit insgesamt 126 verspäteten Nachtflügen, die hohe Anzahl an Starts besonders negativ ins Gewicht fällt.
In den ersten vier Monaten des Jahres 2017 hat es mehr nächtliche Flugbewegungen zwischen 23 Uhr und 24 Uhr gegeben (n = 147) als Nächte (n = 110). Angeführt wird die Verspätungsliste von easyJet, die allein für 19 % der bisherigen Störungen der Nachtruhe Verantwortung zu tragen haben. Wie bereits im vergangenen Jahr handelt es sich in der Hälfte der Fälle um Starts; dies zeigt, dass kein aktives Gegensteuern stattfindet. Zusätzlich zu den bisherigen Malus-Fluggesellschaften sowie der Deutschen Lufthansa und Condor fallen mit TAP Portugal, Ryanair, Niki Luftfahrt und WizzAir vier neue Kandidaten auf, die es mit der Regelkunde wenig genau nehmen. Ryanair und WizzAir scheinen das gewinnbringende Geschäftsmodell mit den verspäteten Starts erkannt zu haben und beginnen dieses – sehr zum Leid der betroffenen Bevölkerung – zu kopieren.
- Mai 2017
Dass die sog. Pünktlichkeitsoffensive von Flughafenbetreiber und mehreren Fluggesellschaften allenfalls medial ein Erfolg ist, real jedoch ein großer Flop, belegen die BAW-Auswertungen: Seit mindestens sieben Jahren hat es in den ersten fünf Monaten eines Jahres noch nie so viele verspätete nächtliche Starts und Landungen wie im Jahr 2017 gegeben.
Auch die neue Entgeltordnung wird keine heilende Funktion ausüben: Lediglich bei 0,4 % der Flugbewegungen werden die lärmabhängigen Start- und Landeentgelte nennenswert angehoben; und der Entgeltanteil für nächtliche Verspätungsflüge steigt im Durchschnitt von bisher 4,20 Euro pro Passagier auf 8,51 Euro p.P. – wahrlich ein Quantensprung.
Was der Flughafenbetreiber verheimlichen möchte, deckt die BAW auf: Seit Inkrafttreten des Sommerflugplans gibt es keine Übersicht mehr mit konkreten Start- und Landezeiten. Nächtliche Verspätungen lassen sich auf diese Weise wesentlich leichter „kaschieren“. Zum Vergleich: Der deutlich größere Münchener Flughafen hat ein derartiges Versteckspiel nicht nötig. Vielleicht liegt es daran, dass es sich hierbei um einen gut geführten, modernen Flughafen handelt …
Flughafenerweiterung durch die Verwaltungshintertür
Da beantragt das Aufsichtsratsmitglied der kommerziellen Flughafenbetreibergesellschaft Harald Rösler beim Bezirksamtsleiter Harald Rösler den Bau von 27 neuen Abfertigungsgates am innerstädtisch gelegenen Hamburger Flughafen. Dieser bittet dann den Vorsitzenden der Fluglärmschutzkommission, Herrn Harald Rösler, um eine fachliche Einschätzung, ob durch den Ausbau mit zusätzlichen Belastungen für die Bevölkerung zu rechnen ist. Dieser verneint knapp, woraufhin der Bezirksamtsleiter freudig dem Aufsichtsratsmitglied verkündet: „Das ziehen wir glatt“. Alles aus einer Hand, wie man in der Hamburger Verwaltung gerne zu sagen pflegt, bekommt durch diesen Vorgang eine neue Bedeutung …
- Juni 2017
Es ist festzustellen, dass der bestehende gravierende Missstand hinsichtlich Ausmaß und Verteilung der luftverkehrsbedingten Belastungen (Lärm und Dreck) – verursacht durch den innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen – auf drei Säulen baut: Arroganz der Macht, Ignoranz der Masse und Apathie der Betroffenen. Im Zentrum dieser „Dreifaltigkeit“ steht die Billigfliegerei. Tragen Sie zur Konfliktlösung bei! Bitte werden Sie aktiv, um einen echten Interessensausgleich zwischen direkten und indirekten Belastungsverursachern einerseits und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern andererseits zu bewirken. Ziel ist eine nachhaltige Belastungsreduzierung. Nachhaltig im Sinn von dauerhaft ökologisch, ökonomisch, sozial und kulturell verträglich.
Nun ist es amtlich: Anhand der flughafeneigenen Lärm-Messstellen weist die BAW nach, dass die luftverkehrsbedingten Belastungen in den Jahren 2013 bis 2016 – standortabhängig – zwischen 13 % und 51 % zugenommen haben. Der Betreiberchef, Herr Eggenschwiler, verbreitet jedoch weiterhin das Märchen, dass die Lärmbelastung in den vergangenen Jahren „sehr stabil geblieben sei“ …
- Juli 2017
Luftverschmutzung nur so zum Spaß!
Hamburg hat seit Jahren ein massives Luftstickoxidproblem. Hieran sterben Menschen. Der Flugverkehr trägt dazu (stetig zunehmend) bei. Anstatt jedoch maßregelnd auf den luftverkehrsbedingten Schadstoffausstoß einzuwirken – so wie es der Luftreinhalteplan vorschreibt – werden die Wachstumsgelüste der Betreibergesellschaft grenzenlos bedient. Damit die Zahlen nicht allzu erschreckend daherkommen, wird einfach der Prognosezeitraum halbiert und am Rechner zielführend simuliert. Wie es zu diesem Skandal gekommen ist, lesen Sie im vorliegenden NoFlyHAM-Blogbeitrag …
Wenn Ausnahmen zur Regel werden
Die Bahnbenutzungsregeln sind fester Bestandteil der Betriebsgenehmigung. Ihr Zweck ist es, dass möglichst wenige Menschen vom Fluglärm in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt werden. Die Einhaltung der umfassenden Bahnbenutzungsregelung (d.h. der gesamten Regeln und Ausnahmen) ist noch schlechter als die der Nachtflugbeschränkungen. Im gesamten ersten Halbjahr 2017 wurde lediglich in zwei Nächten nicht gegen die Bahnbenutzungsregeln verstoßen (jeweils eine Nacht im Januar und im März). Die Vielzahl der Regelverstöße zeigt zugleich die katastrophal schlechte Einhaltung der Gesamtregelung. Im ersten Teil der Bahnbenutzungstrilogie geht es um die Entstehung der derzeit heiß diskutierten Schutzregelung.
- August 2017
Im zweiten Teil der Bahnbenutzungstrilogie wird auf die allzu häufige Regelmissachtung umfassend eingegangen: Bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert war den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung klar, dass der Betrieb eines Flughafens inmitten eines dicht besiedelten Wohnumfeldes die umfassende Rücksichtnahme auf die vom Fluglärm und -dreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger erfordert. Bis heute folgten jedoch keinerlei einschneidende Schritte der aktiven Vermeidung und Verminderung sowie Begrenzung der Belastungen, sondern lediglich „Ablasshandel“ in Form von Zuschüssen zu passiven Lärmschutzmaßnahmen. Letztendlich wird hierdurch nur die flugbetriebsbedingte Belastung legalisiert, mit der Negativfolge, dass die Bewohner (w/m) aus den Freiräumen in die (leidlich) geschützten Häuser gezwungen werden. So sieht technischer Umweltschutz auf dem inhaltlichen Niveau der 1970er bis 1990er Jahre aus! – Vorsorgender (integrierter) Umweltschutz geht anders.
Im dritten Teil der Bahnbenutzungstrilogie wird aufgezeigt, dass es zur sicheren Einhaltung der Regelung notwendig ist, die Anzahl an Flugbewegungen in der ersten und letzten Betriebsstunde deutlich abzusenken: Sowohl die Nachtflugbeschränkungen als auch die Bahnbenutzungsregelung (in der aktuell gültigen Fassung vom 30.05.2013 – Luftverkehrshandbuch Deutschland (AIP)) sind verbindlich. Dies ist zwischen den direkten bzw. indirekten Belastungsverursachern und den Betroffenen unstreitig. Zumindest zwischen Bürgerschaft, Umweltbehörde und Betroffenen wird ebenso einvernehmlich die Erkenntnis geteilt, dass die Regeleinhaltung durch den Zustandsstörer (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) und die Handlungsstörer (Fluggesellschaften, Deutsche Flugsicherung GmbH – DFS) mangelhaft bis ungenügend ist. Es stellt sich daher die Frage nach Art und Weise der Störerhaftung.
Das Nachtflugverbot gilt! Oder doch nicht?
Die über die Anhänge der Betriebsgenehmigung des „Helmut Schmidt-Airports“ verbindlich festgelegten Nachtflugbeschränkungen werden in vier von fünf Nächten missachtet. Von Januar bis Juli 2017 mussten mit 431 Landungen von Linien- und Touristikfliegern nach 23 Uhr bereits mehr Regelverstöße festgestellt werden als im gesamten Jahr 2013. Hinsichtlich der nächtlich verspäteten Starts ist die Entwicklung noch dramatischer. Bereits im Mai 2017 war mit 60 Starts die Jahressumme der Vergleichsjahre 2011 bis 2013 erreicht bzw. überschritten. Im Juni 2017 wurde dann das Jahresniveau von 2014 und 2015 „getoppt“ und im Juli sogar das des bisherigen Malusjahres 2016. Umfangreiche Auswertungen zu den verspäteten Nachtflügen außerhalb der offiziellen Betriebszeit finden Sie im NoFlyHAM-Blogbeitrag.
- September 2017
Appell an die Hamburgische Bürgerschaft
Im April 2014 befand die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt einvernehmlich, dass die Belastungen – verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ – deutlich zu reduzieren sind. Insbesondere die Einhaltung der geltenden Betriebszeit stand im Fokus. Wörtlich heißt es hierzu im sogenannten 10-Punkte-Plan: „Der Senat wird ersucht, eine sehr strenge Einhaltung der Betriebszeiten sicherzustellen und gegenüber den Fluglinien auf eine weitere Reduzierung der Verspätungen und Ausnahmen hinzuwirken“. Es sollten noch der 16-Punkte-Plan (2015), die sogenannte Pünktlichkeitsoffensive (2016) und die Entgeltnovellierung (2017) folgen. Alles Zusagen an die Bevölkerung, dass der Fluglärm zurückgehen soll – Versprechen gebrochen!
Während die aufsichtführende Fachbehörde (BUE) der Auffassung ist, dass „der räumlichen Lage des Flughafens bereits durch einschneidende Nachtflugbeschränkungen sowie eine restriktive Handhabung von Ausnahmegenehmigungen Rechnung getragen wird“, zeigen die Flugspurenauswertungen des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD e.V.), dass das vorgegebene Betriebsende immer häufiger missachtet wird. Es stellt sich daher die Frage, wer die schwarzen Schafe unter den ca. 60 am Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ tätigen Fluggesellschaften sind, denen das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger in den An- und Abflugschneisen derart wenig bedeutet, dass sie durch ihre (unzureichende) Flugplanung die nächtlichen Verspätungen mindestens billigend in Kauf nehmen, wenn nicht sogar vorsätzlich (zur eigenen Gewinnmaximierung) herbeiführen.
„Fliegen sei das neue Öko“ hieß es in einer peinlich dreist-dummen Werbung der Luftverkehrsbranche. Zum Glück wurde dieser Blödsinn mittlerweile durch seriöse Arbeiten in Gänze widerlegt. Fakt ist, dass der Luftverkehr in immer größer werdendem Maße Mensch und Umwelt schädigt. Beispielsweise verursacht ein Hin- und Rückflug zwischen Hamburg und Palma de Mallorca im Durchschnitt 1.200 kg CO2 pro Passagier (!). Dies entspricht der Hälfte des jährlichen CO2-Budgets eines klimaschutzbewussten Menschen. Warum auf Basis dieser mittlerweile allgemein bekannten Tatsachen jedoch am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen jeder Passagieranstieg durch die kommerzielle Betreibergesellschaft (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) großspurig medial bejubelt wird, wirft Fragen auf. Bereits der einfache Vergleich von Passagiermenge und Anstieg der Belastungsparameter „Fluglärm“ und „Flugdreck“ verdeutlicht, dass bei einer Bewertung der Passagierzahlen zwingend die externen Umweltkosten zu beachten sind. Alles andere ist Willkür.
- Oktober 2017
Für die vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist es schwer, angemessen auszudrücken, was der permanente Raub der Stille bedeutet; insbesondere gegenüber denjenigen, die häufig gerne billig hin und her fliegen, jedoch selbst nicht unter der zumeist sinnarmen privaten Vielfliegerei zu leiden haben. Am Beispiel des Volksentscheids über den Weiterbetrieb des Verkehrsflughafens in Berlin-Tegel wird umfassend aufgezeigt, wie Luftverkehrslobbyismus manipulierend eingreift. Besonders problematisch ist, dass mit der „Volksentscheidung“ eben keine übergeordnete inhaltliche und formale Abwägung mit Interessensausgleich vorgenommen, sondern das Kreuz zumeist rein nach Individualbelangen gesetzt wird. Das an oberster Stelle stehende tragende Argument der vom Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger, der Gesundheitsschutz (d.h. das Grundrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit), betrifft unmittelbar nur eine zahlenmäßig vergleichsweise kleine Teilmenge der Abstimmungsberechtigten. Beim Volksentscheid werden persönliche Güterabwägungen getroffen. Schadet oder nützt mir das Ziel der Befragung? Auf diese Weise kann kein hinreichender Interessensausgleich erzielt werden!
Nachts ist Ruhe – oder doch nicht?
Anfang Oktober veröffentlichte der Arbeitskreis „Luftverkehr“ des BUND-Landesverbandes Hamburg seine Auswertungen über die Belastungsentwicklung – verursacht durch den Betrieb des „Helmut Schmidt-Airports“ – im laufenden Jahr 2017. Kernpunkte stellen die quantitativen und qualitativen Ergebnisse zur Missachtung des offiziellen Betriebsendes von 23 Uhr dar: Von insgesamt 273 Nächten im Zeitraum Januar bis September 2017 fanden lediglich in 48 Nächten keine Flugbewegungen – verursacht durch Linien- und Touristikflieger – statt. Dies entspricht einer Einhaltungsquote der Nachtflugbeschränkungen von nur 17,6 %. Anders ausgedrückt: In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden in acht von zehn Nächten die Nachtflugbeschränkungen umgangen. Besonders alarmierend ist, dass es in den Monaten Juli bis September 2017 nur in zwei Nächten keine Starts und Landungen nach 23 Uhr gegeben hat! Das Regel- / Ausnahmeverhältnis steht (weiterhin) Kopf.
Mit Geld lässt sich in dieser Welt scheinbar alles regeln: Wird die Nachtflugbeschränkung am „Helmut Schmidt-Airport“ durch eine Fluggesellschaft umgangen, reicht ein bisschen Ablass (zeitabhängige Start- und Landeentgelte) an den kommerziellen Flughafenbetreiber und schon wird die (angebliche) Unvermeidbarkeit durch die aufsichtführende Behörde (BUE) – in Vertretung der Haupteigentümerin (Freie und Hansestadt Hamburg) und damit verbunden der monetären Empfängerin des Ablasses – attestiert. Mittelalter und Spaßgesellschaft Hand in Hand.
- November 2017
Wer als Linien- und Touristikfluggesellschaft am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ außerhalb der offiziellen Betriebszeit nach 23 Uhr mit seinen Flugzeugen noch starten oder landen möchte, braucht nur etwas Geld. Dank einer mehr als großzügigen Verspätungsregelung darf bei (angeblich) unvermeidbaren Verspätungen (derzeit) noch bis 23:59 Uhr weiter gestartet und gelandet werden. Den „Nachweis“ können die Fluggesellschaften formlos selbst erbringen, auch mit mehrwöchiger Verzögerung. Zumeist wird eine Störung im Betriebsablauf, die zu einer Verzögerung in der Tagesrotation geführt hat – welche dann zeitlich nicht mehr aufgeholt werden konnte – als Ausrede vorgetragen. Eine Kontrolle des Wahrheitsgehaltes der Angaben ist für die zuständige Aufsichtsbehörde (Behörde für Umwelt und Energie – BUE) faktisch unmöglich …
Ein Bedürfnis hat eine intrinsische (d.h. sich selbst generierende) Relevanz. Beispiele hierfür sind Hunger, Durst und Müdigkeit. Hieraus entstehen die Bedürfnisse zu essen, zu trinken und zu schlafen. Im Gegensatz dazu ist das bloße Interesse an etwas zu sehen. Dieses wird gesteuert durch eine individuelle Veranlagung in Kombination mit gesellschaftlicher Prägung und maßgeblich gelenkt durch äußere Stimulationen (z.B. Werbung, Preisgestaltung). Es ist daher kein „wachsendes Mobilitätsbedürfnis“, sondern das preisgetriebene Mobilitätsinteresse einer zunehmend eventorientierten Gesellschaft, welches am „Helmut Schmidt-Airport“ kurzwährend befriedigt wird.
- Dezember 2017
Die Fluglärmschutzkommission (FLSK) für den Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ hat in ihrer 228. Sitzung am 01.12.2017 mehrheitlich eine Empfehlung zur Veränderung der geltenden Verspätungsregelung beschlossen. Die Änderung zielt darauf ab, zukünftig keine pauschale Verspätungsregelung für Starts nach 23:00 Uhr und für Landungen nach 23:30 Uhr mehr zuzulassen. Sofort stellt sich die Frage, ob diese vorgeschlagene Neuregelung in der Lage ist, das bestehende Verspätungsdebakel wirksam einzudämmen. Hierzu folgende Ableitung: Bis zum Jahresende ist mit insgesamt ca. 1.100 nächtlich verspäteten Starts und Landungen außerhalb der offiziellen Betriebszeit von 23 Uhr zu rechnen. Davon entfallen ca. 315 der Flugbewegungen auf Starts nach 23 Uhr. Diese würden komplett unter die empfohlene FLSK-Neuregelung fallen, d.h. sie bedürften zukünftig einer Einzelfreigabe. Bei den Landungen nach 23 Uhr sieht dies hingegen anders aus. Von den ca. 775 nächtlich verspäteten Landungen nach 23 Uhr entfallen lediglich 25 % auf den Zeitraum nach 23:30 Uhr; entsprechend ca. 195 Flugbewegungen. Nur für diese müssten zukünftig Einzelfreigaben eingeholt werden, für den großen Rest hingegen bliebe alles beim Alten, d.h. der pauschalen Genehmigungsfiktion. In Summe würde die Neuregelung daher lediglich ca. 510 gewerbliche Linien- und Touristikflüge betreffen. Bei einer zu erwartenden Gesamtanzahl an Linien- und Touristikflügen im Jahr 2017 von ca. 147.500 Flugbewegungen beträfe der FLSK-Vorschlag demnach nur 0,3 % aller entsprechenden Flugbewegungen. Ein äußerst moderater (wirtschaftshöriger) Vorschlag, der daher auch nur sehr bedingt Anklang bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern findet. Die Luftverkehrslobby hingegen betreibt Panikmache und sieht den gesamten norddeutschen Wirtschaftsstandort gefährdet …
Fazit
Die Bekämpfung des Fluglärms ist nicht nur nach wissenschaftlichen Erkenntnissen im Interesse der körperlichen Integrität der Bürgerinnen und Bürger strikt geboten, sondern auch aus gesellschaftspolitischen Abwägungen. Die Fluglärmbekämpfung ist eine grundrechtliche Pflicht, deren Erfüllung nicht ausschließlich davon abhängen kann, welche Maßnahmen gegenwärtig technisch machbar oder wirtschaftlich opportun sind. Maßgebliches Kriterium kann in einer am Wohl des Menschen orientierten Rechtsordnung letztlich nur sein, was unter Abwägung widerstreitender Interessen an Schädigungen und Gefährdungen maximal dauerhaft zugemutet werden darf, ohne dass die Gesundheit der Betroffenen nennenswert darunter leidet. Der jetzige Zustand stellt ein dramatisches Belastungsübermaß dar!
Der Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ – inmitten einer dicht besiedelten Metropolregion – bedingt die umfassende Rücksichtnahme auf die vom Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowohl im Nahbereich um den Flughafen als auch in den An- und Abflugschneisen bis weit in das Umland hinaus!