Über Monatsberichte des Flughafenbetreibers (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) soll die Öffentlichkeit über den Umsetzungsstand der sogenannten „Pünktlichkeitsoffensive“ regelmäßig informiert werden.
Kernbotschaften im Februar 2017 sind, dass von insgesamt 10.873 Flügen im gesamten Monat 19 von der Verspätungsregel zwischen 23 Uhr und 24 Uhr Gebrauch machen „mussten“. In 17 von 28 Tagen Nächten hätte es gar keine Starts und Landungen von Linien- und Touristikflügen nach 23 Uhr gegeben.
Einen Monat später wird mitgeteilt, dass nach Umsetzung der ersten Flugplanumstellungen zur Wintersaison von November 2016 bis März 2017 die Verspätungen zwischen 23 Uhr und 24 Uhr deutlich zurückgegangen seien. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gäbe es 21 % weniger Flüge in der „Verspätungsstunde“. Im März sei die Zahl der Verspätungen im Vergleich zum Vorjahr sogar um 44 Prozent gesunken.
Abgesehen davon, dass eine Belastungsrelativierung dahingehend, dass ein Vergleich der Anzahl der Störungen der Nachtruhe mit den Flugbewegungen insgesamt ein deutliches Zeichen mangelhaften Problembewusstseins darstellt und 17 von 28 Nächte ohne verspätete Nachtflüge bedeutet, dass in 61 % der Nächte die Betriebszeit nicht eingehalten wurde, bleibt die Frage, wie belastbar sind die Betreiberangaben zum Umsetzungserfolg der „Pünktlichkeitsoffensive“ insgesamt?
Die Flugspurenauswertungen des unabhängigen Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD e.V.) für die ersten vier Monate des Jahres 2017 im Vergleich zu den Vorjahren belegen, dass hinsichtlich der verspäteten Nachtflüge zwischen 23 Uhr und 24 Uhr trotz der „Pünktlichkeitsoffensive“ bei der Anzahl der Landungen keine nennenswerte Verbesserung eingetreten ist. Die monatsweise aufsummierten Verspätungsflüge der „Pünktlichkeitsära“ – diese wurde im April 2016 feierlich im Beisein des Umweltstaatsrates Michael Pollmann sowie des Wirtschaftsstaatsrates Andreas Rieckhof unterzeichnet – unterscheiden sich nicht von denen der ungenügenden Vorjahre.
Abb.: Vergleich der verspäteten Landungen (Linien- und Touristikflüge) zwischen 23 Uhr und 24 Uhr am innerstädtisch gelegenen Regionalflughafen „Helmut Schmidt“ in Hamburg-Fuhlsbüttel der Jahre 2011 bis 2015 zu 2016 und 2017 (Januar bis April)
Noch wesentlich schlechter fällt die (Zwischen-)Bilanz bezüglich der verspäteten nächtlichen Starts von Linien- und Touristikfliegern zwischen 23 Uhr und 24 Uhr aus: Mit Unterzeichnung der „Pünktlichkeitsoffensive“ ist die Anzahl an nächtlichen Starts sprunghaft angestiegen. In den ersten vier Monaten des Jahres 2017 ist gegenüber dem Malusjahr 2016 nochmals eine gravierende weitere Verschlechterung abzulesen.
Abb.: Vergleich der verspäteten Starts (Linien- und Touristikflüge) zwischen 23 Uhr und 24 Uhr am innerstädtisch gelegenen Regionalflughafen „Helmut Schmidt“ in Hamburg-Fuhlsbüttel der Jahre 2011 bis 2015 zu 2016 und 2017 (Januar bis April)
Hauptverursacher dieses Skandals ist die Billigfluggesellschaft easyJet. Sie allein hat 53 % der verspäteten Starts von Linien- und Touristikflügen zwischen 23 Uhr und 24 Uhr im Jahr 2016 verursacht. Das Debakel setzt sich unverändert im Jahr 2017 fort. Auch hier sind 53 % der bisher verspäteten Starts dieser einen Firma anzulasten. Es zeigt sich überdeutlich, dass easyJet mit seinem Geschäftsmodell „verspätete Starts nach 23 Uhr“ massiv gegen das Wohl der Allgemeinheit – und im Übrigen auch wettbewerbsverzerrend gegenüber den regeltreueren Fluggesellschaften – handelt. Dies darf seitens der zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörden (Behörde für Umwelt und Energie – BUE; Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation – BWVI) sowie der politischen Entscheidungsträger (Senat) nicht länger geduldet werden!
Konsequentes Gegensteuern ist gefordert, auch da der Verspätungsanteil Ryanairs an den nächtlichen Starts innerhalb eines Jahres von 2 % im Jahr 2016 auf bisher 14 % in den ersten vier Monaten 2017 sprunghaft angestiegen ist und WizzAir mit 8 % verspäteter Nachtstarts in diesem Zeitraum ebenfalls dieses unzulässige – jedoch offensichtlich lukrative – Geschäftsmodell neu für sich entdeckt hat. Alles Billigflieger, für die Nachhaltigkeit (d.h. dauerhaft ökologisch, ökonomisch, sozial sowie kulturell verträglich) ein Grauen darstellt!
Fazit:
Die tendenziösen Aussagen des Flughafenbetreibers in seinen Monatsberichten zu den angeblichen Erfolgen der „Pünktlichkeitsoffensive“ sind weder das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden, noch den Speicherplatz auf den Servern, den sie einnehmen.
Die FHG-Erkenntnis: „Vorherige unpünktliche Flüge wirken sich auf das Gesamtsystem aus: Fast die Hälfte aller Flüge nach 23 Uhr mussten die Verspätungsregel nutzen, weil Verzögerungen in der Tagesrotation nicht mehr ausgeglichen werden konnten“ belegt, dass ein systematischer Fehler vorliegt. Es müssen realistische Mindeststandzeiten am Boden verbindlich für alle Fluggesellschaften eingeführt werden, damit nicht weiterhin am Ende des Tages mitten in der Nacht die Bewohner im Bereich der An- und Abflugkorridore die Gewinnmaximierungsmaschinerie insbesondere der Billigflieger zu ertragen haben.