Fluglärm raubt gesunde Lebensjahre. Insbesondere nächtlicher Fluglärm schadet Menschen. Aus diesem Grund hat die damalige Hamburger Behörde für Wirtschaft und Verkehr bereits bei der Erteilung der Betriebsgenehmigung an die Hamburger Flughafen-Verwaltung GmbH am 21. August 1967 betriebliche Einschränkungen und Anordnungen zum Schutz der Bevölkerung festgeschrieben. Demnach gelten die im Luftfahrthandbuch für die Bundesrepublik Deutschland (AIP) aufgeführten örtlichen Flugbeschränkungen. Diese lauten im Hinblick auf das tägliche Betriebsende wie folgt: Starts und Landungen sind in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr unzulässig. Lediglich bei nachweisbar unvermeidbaren Verspätungen von Linien- und Touristikfliegern gilt eine Ausnahmegenehmigung von den Nachtflugbeschränkungen bis spätestens 24 Uhr als erteilt.
Während die aufsichtführende Fachbehörde (BUE) der Auffassung ist, dass „der räumlichen Lage des Flughafens bereits durch einschneidende Nachtflugbeschränkungen (im Vergleich zu den meisten anderen Flughäfen) sowie eine restriktive Handhabung von Ausnahmegenehmigungen Rechnung getragen wird“, zeigen die Flugspurenauswertungen des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD e.V.), dass das vorgegebene Betriebsende immer häufiger missachtet wird (vgl. NoFlyHAM-Beitrag „So selten wie möglich“). Es stellt sich daher die Frage, wer die schwarzen Schafe unter den ca. 60 am Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ tätigen Fluggesellschaften sind, denen das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger in den An- und Abflugschneisen derart wenig bedeutet, dass sie durch ihre (unzureichende) Flugplanung die nächtlichen Verspätungen mindestens billigend in Kauf nehmen, wenn nicht sogar vorsätzlich (zur eigenen Gewinnmaximierung) herbeiführen?
Abb.: Auflistung der Fluggesellschaften, die das Betriebsende von 23 Uhr am Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ im Zeitraum Januar bis August 2017 am häufigsten missachtet haben. Unterscheidung nach Starts und Landungen sowie Markierung der Mitzeichner der sog. „Pünktlichkeitsoffensive“. Außerdem Kennzeichnung der Billigfluggesellschaften. LCC = Low Cost Carrier, LFC = Low Fare Carrier
Auf das Konto der zehn Fluggesellschaften, die in den ersten acht Monaten des Jahres 2017 das festgeschriebene Betriebsende von 23 Uhr am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ am häufigsten missachtet haben, gehen insgesamt 84 % der Verspätungen. Auffällig ist, dass sich – bis auf Air France – alle Mitzeichner der sog. „Pünktlichkeitsoffensive“ unter den notorischen Regelbrechern befinden. Drei von vier Störungen der Nachtruhe gehen auf deren Konto. Sie stellen sogar die ersten fünf Plätze der Negativrangliste; angeführt von easyJet. Diese Billigfluggesellschaft bringt es fertig, allein 28 % der verspäteten Nachtflüge zu generieren. Insbesondere die Häufigkeit der Starts nach 23 Uhr ist Beleg der gezielten Regelmissachtung. Hier liegt eindeutig Missmanagement der Fluggesellschaft zu Lasten Dritter vor. Von „Unvermeidbarkeit“ kann schon lange nicht mehr die Rede sein!
Innerhalb der Lufthansagruppe ist es Eurowings, deren Regeltreue am stärksten im Argen liegt. Zusammen mit der Kernmarke Lufthansa sowie der Billigmarke Germanwings produzieren diese drei Fluggesellschaften 35 % der nächtlich verspäteten Starts und Landungen im laufenden Jahr 2017. Mit einem – gemessen am gesamten Flugaufkommen des Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ – überproportional hohen Anteil von 71 % sind es die Billigflieger, die (erneut) das Kernproblem darstellen. Bereits 2016 bildeten Air Berlin, easyJet und Eurowings die Malusflieger an diesem Standort. Zusammen brachten es drei Verbindungen dieser Fluggesellschaften („AB7633“, „EZY5346“ und „EW4349“) innerhalb eines Jahres auf 157 Missachtungen der Betriebszeit! Offensichtlich lohnen sich nächtliche Verspätungsflüge …
Abb.: Rangliste der Flugverbindungen am Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ mit den häufigsten nächtlichen Verspätungen nach 23 Uhr während des Sommerflugplanes 2017 (April bis August). Außerdem: Kennzeichnung als Mitzeichner der sog. „Pünktlichkeitsoffensive“ sowie als Billigfluggesellschaft
Von den vier Flugverbindungen, bei denen während der Laufzeit des Sommerflugplanes 2017 die häufigsten Verstöße gegen das Betriebszeitende festzustellen sind, sind drei easyJet zuzuordnen. Bei allen handelt es sich um Starts. Da diese zeitlich besser zu kalkulieren sind als Landungen, stellt dies eine besondere Form der (vorsätzlichen) Regelmissachtung dar. Es zeigt sich, dass auch die novellierte Entgeltordnung unzureichend ist, um derartige Auswüchse wirksam zu unterbinden. Hier bedarf es einer deutlichen Nachsteuerung dahingehend, dass mit zunehmender Anzahl an verspäteten Starts und Landungen einer Flugverbindung die zeitabhängigen Entgeltzuschläge weiter wesentlich erhöht werden müssen.
Deutlich wird bei der Betrachtung der Rangliste der nächtlichen Verspätungsflieger, dass von den 18 am häufigsten verspäteten Flugverbindungen 17 den Mitzeichnern der sog. „Pünktlichkeitsoffensive“ zuzuordnen sind. Es drängt sich der Verdacht auf, dass diese Fluggesellschaften meinen, mit ihrer Unterschrift eine Art Freibrief für Regelverstöße erhalten zu haben. Außerdem auffällig ist, dass nur vier der 18 Flugverbindungen nicht zu einer Billigfluggesellschaft gehören. Auch hier muss nicht um viele Ecken gedacht werden, um das dahinterstehende Geschäftsmodell zu erkennen.
Fazit:
Mit dem dringenden Appell an die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, den Fluglärm in Hamburg und Schleswig-Holstein endlich spürbar zu bekämpfen, haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger erneut deutlich gemacht, dass sie nicht mehr willens sind, das Übermaß an Fluglärm und Flugdreck zu ertragen. Verpufft dieser Hilferuf auch diesmal (weitgehend) ungehört, bleibt nur noch der gerichtliche Klageweg …