Schicht im Schacht

Schlaf ist ein Zustand der äußeren Ruhe. Gesichert ist, dass Menschen schlafen müssen, um zu überleben. Das individuelle Schlafbedürfnis eines Erwachsenen schwankt zwischen sechs und zehn Stunden. Es folgt ungefähr einer Normalverteilung, d.h., dass die meisten Menschen acht Stunden pro Nacht benötigen. Ein extremes Schlafbedürfnis tritt bei Säuglingen auf, bei denen täglich 14 bis 17 Stunden Schlaf für ihre gesunde Entwicklung erforderlich sind. Bedeutsam ist, dass das persönlich unterschiedlich ausgeprägte Schlafbedürfnis konstitutionell vorgegeben ist, d.h. nicht willentlich ausgeschaltet oder längerfristig ignoriert werden kann, ohne dass der Organismus Schaden erleidet. Als Schlafmangel bezeichnet man den kumulativen Effekt von zu wenig Schlaf. Schlafmangel kann zu mentaler oder physischer Müdigkeit führen und entsprechend die Leistungsfähigkeit reduzieren. Schlafentzug ist das gewollte oder ungewollte Verhindern des Schlafens. Schlafmangel und Schlafentzug beeinträchtigen das Immunsystem und beeinflussen negativ den Stoffwechsel. Gezielter Schlafentzug ist eine verbreitete Foltermaßnahme (Quelle: Wikipedia).

Abb.: Nachtflugbeschränkungen am Flughafen „Helmut Schmidt“

Die Betriebszeiten des innerstädtisch gelegenen Hamburger Flughafens „Helmut Schmidt“ – der von den Fluglobbyisten penetrant als angeblich einer der modernsten in Europa angepriesen wird – stammen aus dem Jahr 1971; sie gelten trotz ansonsten erheblich gestiegener Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen bis heute nahezu unverändert. Im Kern besagt die fast ein halbes Jahrhundert alte Regelung, dass Luftfahrzeuge in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr weder starten noch landen dürfen. Hieraus resultiert eine maximale Ruhezeit von nur sieben Stunden je Nacht.

Sehr zur Last der Bürgerinnen und Bürger im Nahbereich des Flughafens sowie in den An- und Abflugkorridoren bis weit in das Umland gilt darüber hinaus eine Ausnahme vom obigen Nachtflugverbot pauschal als erteilt, wenn die Landung oder der Start einer „planmäßigen“ Flugverbindung vor 24 Uhr abgewickelt werden kann. Und selbst damit ist noch nicht Schluss: Das damalige Amt für Hafen, Schiffahrt und Verkehr (heutzutage ist es die Behörde für Umwelt und Energie) kann noch weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn dies zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder in Fällen besonderen öffentlichen Interesses aus ihrer Sicht erforderlich ist. Alle Ausnahmen zusammen lassen aus dem ursprünglich gedachten strengen Nachtflugverbot eine lockere Nachtflugbeschränkung werden.

Eine Ausnahme hat sich der Regel unterzuordnen und nicht umgekehrt. Trotz der obigen Ausnahmetatbestände dürfte es demzufolge in der deutlichen Mehrzahl der Nächte zu keiner Flugbewegung nach 23 Uhr kommen. Die Realität zeigt jedoch genau das Gegenteil: Wenn an sechs von sieben Nächten die bestehende Betriebszeit nicht eingehalten wird – d.h. die Regelbeachtung lediglich 13,5 % beträgt -, bedarf es dringend einer umfassenden Gegensteuerung! Die verbindliche Festschreibung eines Nachtflugverbotes in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr – mit der einzigen Ausnahme für medizinische Notflüge sowie Notlandungen – ist zwingend erforderlich, um einen wirksamen Schutz der fluglärmgeplagten Bevölkerung zu erreichen und einen hinreichenden Interessensausgleich zwischen Airlines und Flughafenbetreiber einerseits sowie Betroffenen andererseits zu erzielen. Diese Forderung steht im Einklang mit der fachlichen Empfehlung des Umweltbundesamtes (UBA).

Der Schriftlichen Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Anjes Tjarks vom 14.03.14 (SKA 20/11143) ist zu entnehmen, dass die Betreibergesellschaft (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) in einer Protokollerklärung zur Sitzung des Umweltausschusses vom 28.01.14 erklärt, bei einem Wegfall der Flugbewegungen ab 22 Uhr könnten die Airlines ihre Flugzeuge nicht mehr betriebswirtschaftlich optimal einsetzen. Im Rahmen der aktuellen Debatte über Umwelt- und soziale Gerechtigkeit wird allerdings die volkswirtschaftliche Gegenrechnung „Gewinn an gesunden Lebensjahren (GPI-Index) durch die Einführung eines echten Nachtflugverbotes“ bisher weder in der Verwaltung noch der Politik vollzogen. Auf Basis dieser vollständigen Nutzen- / Kostenbetrachtung ist jedoch die Entscheidung für die Einführung eines echten Nachtflugverbotes transparent zu treffen.

Fazit: Erholsamer Schlaf in genügender Quantität und Qualität ist essentiell. Bereits die bestehende Betriebszeit des Flughafens „Helmut Schmidt“ von täglich 17 Stunden führt dazu, dass tausende Bürgerinnen und Bürger systematisch ein Schlafdefizit aufgebrummt bekommen. Infolge der Verspätungsoffensive der Airlines – mit (betriebswirtschaftlich gewinnbringenden) Flugbewegungen bis 24 Uhr – reduziert sich die Schlafphase auf maximal sechs Stunden. Dies schädigt die Gesundheit der Betroffenen wesentlich. Die gleichsam zielführende wie verhältnismäßige Maßnahme, dieses Missverhältnis nachhaltig zu beheben, stellt die unmittelbare Einführung und nachfolgend konsequente Umsetzung eines echten Nachtflugverbotes von 22 Uhr bis 6 Uhr dar. Alles andere ist unsozial.