Gegenrede

„Der Flughafenbetreiber muss den Menschen sagen, welche Zusatzbelastungen er ihnen noch aufbürden will“, großes Sommerinterview mit dem Hamburger Luftfahrtexperten Martin Mosel

Anfang des Monats hat das Hamburger Abendblatt den derzeitigen Geschäftsführer des Hamburger Verkehrsflughafens, Michael Eggenschwiler, interviewt und in bemerkenswert unkritischer Weise dem Flughafen-Chef ausgedehnten Spielraum zwischen Wunsch und Wirklichkeit eingeräumt. Objektivität und Faktentreue sind in diesem Spannungsfeld leider wesentlich zu kurz gekommen. Der Initiativkreis Klima- und Fluglärmschutz im Luftverkehr für Hamburg und Schleswig-Holstein (IK) hat sich mit dem Luftfahrtexperten Martin Mosel zur Entwicklung des innerstädtisch gelegenen Flughafenstandortes getroffen und ihm gleichsam Fragen zur Passagierluftfahrt im Allgemeinen sowie speziell in Hamburg gestellt. Gegenrede weiterlesen

Licht am Ende des Tunnels?

Zum Ausmaß Übermaß an für die in den An- und Abflugschneisen lebenden Menschen gesundheitsschädigenden nächtlichen Starts und Landungen – verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens – sowie dazu, dass sich derartige Flüge finanziell für die Fluggesellschaften nicht lohnen dürfen, wurde an dieser Stelle bereits eindringlich vorgetragen (vgl. NoFlyHAM-Blogbeiträge „Nachtraub“ und „Erfolgskontrolle“).

Im April 2016 wurde die „Gemeinsame Erklärung zum Abbau von Verspätungen nach 23 Uhr am Hamburg Airport“ sowohl vom kommerziellen Flughafenbetreiber (FHG) als auch von mehreren Fluggesellschaften (Lufthansa, Eurowings/Germanwings, easyJet, Condor, Air Berlin (Pleite) sowie zusätzlich ab Frühjahr 2017 Air France/KLM und NIKI (Pleite)) als freiwillige Selbstverpflichtung unterzeichnet. Ziel ist es, „zum Schutz der Anwohner so selten wie möglich Gebrauch von der sogenannten Verspätungsregelung zu machen.

Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Hamburg GmbH, sagte in diesem Zusammenhang: „Die Betriebszeiten am Hamburger Flughafen sind täglich von 06 bis 23 Uhr, danach gibt es sehr strenge Nachtflugbeschränkungen. Unser Ziel ist es, die Bevölkerung bestmöglich vor Fluglärm zu schützen – ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu gefährden“. Andreas Rieckhof, Verkehrsstaatsrat in der Hamburger Wirtschaftsbehörde (BWVI), wies darauf hin: „Für die Akzeptanz des Luftverkehrs ist es unerlässlich, dass es nach 23 Uhr so wenig Verspätungen wie möglich gibt“. Michael Pollmann, Staatsrat der Behörde für Umwelt und Energie (BUE), ergänzte: „Wir sind uns bewusst, dass ein innerstädtischer Flughafen Lärmbelastungen mit sich bringt, wissen aber auch um die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens. Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, den Lärmschutz Schritt für Schritt zu verbessern. Dafür ist die Pünktlichkeitsoffensive ein wichtiger Erfolg. Jetzt geht es darum, Verspätungen nach 23 Uhr so weit wie irgend möglich zu vermeiden.“ Licht am Ende des Tunnels? weiterlesen

Vetternwirtschaft

Seit 30.09.2009 gilt der Hamburger Corporate Governance Kodex (HCGK) für alle öffentlichen Unternehmen der Stadt. Als Unternehmen mit mehrheitlich städtischer Beteiligung unterliegt der kommerzielle Betreiber des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) dem HCGK. Im Punkt 4.1.4 der HCGK wird geregelt, dass die Geschäftsführung der FHG für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen hat sowie auf deren Beachtung hinwirkt. Hierzu sagt Michael Eggenschwiler, Geschäftsführungsvorsitzender: „Wir wollen mit unternehmerischer Weitsicht und nachhaltigem Handeln auch in Zukunft den Luftfahrtstandort Hamburg sichern, unseren Mitarbeitern ein verlässlicher, fairer Arbeitgeber sein und dabei den Nachbarn des Flughafens sowie dem Ökosystem mit Schutzmaßnahmen zur Seite stehen“. So weit, so gut.

Ist die Freie und Hansestadt Hamburg (bzw. die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement – HGV) Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin, gibt sie ihren Unternehmen Zielbilder vor. Für den „Helmut Schmidt-Airport“ lauten diese: (1) Betreiben eines leistungsfähigen Verkehrsflughafens, (2) Optimierung der verkehrlichen Anbindung der Metropolregion, (3) Umsetzung gesamt- und regionalwirtschaftlicher sowie verkehrs- und umweltpolitischer Konzepte, (4) Effiziente und ergebnisorientierte Betriebsführung sowie (5) Berücksichtigung der sonstigen öffentlichen Interessen nach Maßgabe des Senats und Mitwirkung am übergeordneten Hamburg Marketing im Rahmen der eigenen Aufgaben und Orientierung am aktuellen Leitbild der FHH.

Nicht nur, dass das öffentliche Interesse als letztes genannt wird, es ist lediglich zu berücksichtigen, nicht jedoch zu beachten. Ein juristisch feiner aber in der Praxis höchst relevanter Unterschied. Der Punkt „Durchführung einer aktiven Nachbarschaftspolitik zur Förderung des gedeihlichen Miteinanders vom Flughafen und den umliegenden Anwohnern“ wird erst als dritter Unterpunkt des dritten Teilziels genannt. Dies erklärt auch, warum es um die Einhaltung der langjährig vielfach festgeschriebenen Schutzbestimmungen für die Bevölkerung (Nachtflugbeschränkung und Bahnbenutzungsregelung) am „Helmut Schmidt-Airport“ derart schlecht bestellt ist. Vetternwirtschaft weiterlesen

Flaschenhals

Die Eckwerte des Skandals lauten: Die Anzahl der parallel nutzbaren Flugsteige (Gates) am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ soll nach den Vorstellungen der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) von derzeit 34 auf zukünftig 56 steigen. Für den sogenannten Flughafen-Entwicklungsplan (bestehend aus einem umfassenden Vorbau an den Terminals 1 und 2, der neu zu errichtenden Abfertigungs-Pier Süd sowie einem Satelliten-Terminal auf dem Vorfeld) will der kommerzielle Flughafenbetreiber insgesamt 500 Mio. Euro investieren. Das Geld soll von den Fluggesellschaften kommen, bezahlt über entsprechend erhöhte Nutzungsentgelte (z.B. Start- und Lande- sowie Abfertigungs- / Serviceentgelte). Diese wehren sich vehement gegen den Flughafen-Entwicklungsplan, da er ihrer Ansicht nach zu groß und zu teuer ist. Insgesamt sollen durch die erweiterte Flughafenstruktur 8,4 Mio. Passagiere pro Jahr mehr transportiert werden als heute. Aus Sicht der vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger stellt sich sofort die elementare Frage: Zu welchen Mehrbelastungen wird der geplante Flughafenausbau führen? Flaschenhals weiterlesen

Parallelwelt

Am Freitag, den 23. November 2018, tagte der Gemeinsame Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein (GA) in Norderstedt. Ziel dieser seit November 2016 bestehenden regelmäßigen politischen Zusammenkunft ist es, länderübergreifend relevante Fragestellungen und Herausforderungen nicht nur vom eigenen Standpunkt aus zu betrachten, sondern in einem Dialog die Sichtweise der anderen Seite aufzunehmen und bestenfalls zu verstehen

Die jeweils elf Abgeordneten des GA aus Bürgerschaft und Landtag sollen für ihre Landesparlamente Entscheidungen zu bestimmten Sach- und Fachthemen vorbereiten. So war es auch zum Thema „Verkehrsflughafen Hamburg-Fuhlsbüttel und Maßnahmen zum Lärmschutz“ geplant. Hierzu sollte ursprünglich lediglich der Vorsitzende der kommerziellen Flughafen-Betreibergesellschaft (FHG), Michael Eggenschwiler, ausführlich berichten. Um dem Grundsatz des Ausschusses – gemeinsame Erarbeitung einer umfassenden Informationslage – zu folgen, wurde wenige Tage vor der Sitzung zusätzlich ein Sprecher aus dem Kreis der vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger eingeladen. Dies passte jedoch einigen Ausschussmitgliedern nicht, so dass lediglich 48 Stunden vor Sitzungsbeginn der Tagesordnungspunkt überraschend in Gänze gestrichen wurde. Offensichtlich sollte nicht umfassend, sondern einseitig über das „Wohl und Weh des Flughafenbetriebes“ berichtet werden. Manipulation statt Information! Parallelwelt weiterlesen

Allerheiligen

Hamburger Pilot fliegt Emirates-Airbus A380 nach Hause“, titelte das Hamburger Abendblatt (HA) am 22. Oktober 2018 – noch pathetischer geht es kaum. Dass laut HA der „Mega-Jumbo in Hamburg einschweben wird“, stellt einen Euphemismus dar. Im (Standard-) Anflug wirken bei diesem übergroßen Passagierflugzeug in einer Entfernung von 2 km vom Aufsetzpunkt und einer Restflughöhe von 120 m auf ein Empfängerohr am Boden zehn Sekunden lang mindestens 98 Dezibel ein. Ein derartiger Lärm wird im Allgemeinen als unerträglich wahrgenommen … Allerheiligen weiterlesen

Punkt, Punkt, Komma – Strich …

Am Freitag, den 5. Oktober 2018 traf sich die Fluglobby Luftverkehrswirtschaft in Hamburg, um über das bestehende Flugchaos zu debattieren. Hehres Ziel war es, die Zuverlässigkeit des Flugverkehrs wieder auf ein akzeptables Niveau zu bringen – zum Wohl (Bequemlichkeit) der Passagiere und zur Verlustminimierung der Fluggesellschaften. Um die verspätungsbedingten Zusatzbelastungen der Menschen in den An- und Abflugschneisen sowie im Flughafennahbereich ging es nicht. Ebenso wenig darum, wie klimaschädlich Fliegen ist. Dies erklärt, warum keine Bundesvertreter*innen von Umweltschutzorganisationen oder der Fluglärmbetroffenen eingeladen waren.

Auf die einfache Frage des Hamburger Abendblattes: „Glauben Sie, dass die Flugzeuge nach dem Luftfahrtgipfel pünktlicher landen?“ antworteten 1.918 von 2.131 Befragten (w/i/m), d.h. 90 %, mit einem klaren „NEIN“! – Noch deutlicher kann ein Ergebnis (Misstrauensvotum) kaum ausfallen! Punkt, Punkt, Komma – Strich … weiterlesen

Es war einmal …

Märchen erzählen ist als Immaterielles Kulturerbe in Deutschland offiziell anerkannt. Charakteristisch für Märchen ist unter anderem das Erscheinen phantastischer Elemente in Form von sprechenden und wie Menschen handelnden Tieren, von Zaubereien, Riesen und Zwergen, Geistern und Fabeltieren. Gleichzeitig tragen viele Märchen sozialrealistische oder sozialutopische Züge und sagen viel über die gesellschaftlichen Bedingungen, z.B. über Herrschaft und Knechtschaft, Armut und Hunger oder auch Familienstrukturen zur Zeit ihrer Entstehung, Umformung oder schriftlichen Fixierung aus (Wikipedia).

Die Antworten des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Flughafen Hamburg GmbH (FHG), Michael Eggenschwiler, im Interview mit dem Hamburger Abendblatt (HA) vom 04.07.18 weisen wesentliche Elemente eines Märchens auf … Es war einmal … weiterlesen

Appell an die Hamburgische Bürgerschaft

Anfang des 16. Jahrhunderts bezeichnete Niccolò Machiavelli Politik als die Summe der Mittel, die nötig sind, um an die Macht zu kommen, sich an dieser zu halten und davon den nützlichsten (Eigen-) Gebrauch zu machen. Heutzutage bezeichnet Politik die Regelung von Angelegenheiten einer Gesellschaft durch auf tradierte Normen und Gebräuche basierende, transparent herbeigeführte und verbindlich umgesetzte Entscheidungen. Im engeren Sinne bezeichnet Politik die Strukturen, Prozesse und Inhalte zur Steuerung politischer Einheiten innerhalb einer Gemeinschaft sowie zwischen mehreren sozialen Gruppen. Politisches Handeln ist auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen ausgerichtet, die wertebildend sind und das gedeihliche Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Interessenslagen regeln. Soweit zur Politiklehre.

Maßgeblich für das Ansehen von politischen Entscheidungsträgern (w/m) in der Bevölkerung ist, dass diese glaubhaft sind, d.h. zu ihrem Wort stehen. Kurz gesagt: Die Reputation der Politikerinnen und Politiker hängt (auch) davon ab, wie die von ihnen getragenen Beschlüsse in der Praxis (Realität) umgesetzt werden. Appell an die Hamburgische Bürgerschaft weiterlesen

„So selten wir möglich …“

Ende April 2016 berichtete das Hamburger Abendblatt (HA) euphorisch, dass die Flughafen Hamburg GmbH (FHG) in Verbindung mit Air Berlin, Condor, easyJet, Eurowings/Germanwings sowie Lufthansa eine sogenannte „Pünktlichkeitsoffensive“ startet. Mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung (Anmerkung: die bloße Einhaltung des geltenden Rechts würde reichen) erklärten der Flughafenbetreiber und die teilnehmenden Fluggesellschaften, „so selten wie möglich“ zu spät zu kommen, d.h. nach 23 Uhr in Hamburg zu starten oder zu landen. Damit sei der Luftfahrtstandort Hamburg bundesweit Vorreiter für die Zusammenarbeit von Flughafen und Fluggesellschaften bei der Reduzierung von Verspätungen, hieß es seinerzeit vollmundig.

Bereits mehrfach musste in diesem Jahr über die mangelhafte bis ungenügende Umsetzung der „Pünktlichkeitsdefensiveoffensive“ im NoFlyHAM-Blog berichtet werden: „So selten wir möglich …“ weiterlesen