Flugtönende Repliken 2018

Fluglärmfakten statt Betreibermärchen: Die Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) setzen sich bundesländerübergreifend für eine nachhaltige Reduzierung der luftverkehrsbedingten Belastungen (Fluglärm und -dreck) – verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ – ein. Sie übernehmen damit überparteilich und unabhängig Kontrollfunktionen, die durch die zuständigen Fachverwaltungen (BWVI & BUE) hauptamtlich zu leisten sind; jedoch von diesen (bisher) nur unzureichend erbracht werden.

Fluglärm ist aktiv zu bekämpfen, nicht nur passiv zu verwalten! Nicht die sich zu Recht beschwerenden Bürgerinnen und Bürger stellen das Problem dar, sondern der überbordende Fluglärm und die permanenten Regelverstöße. Nahezu an jedem Betriebstag werden die verbindlich festgeschriebenen Schutzbestimmungen für die Bevölkerung (Nachtflugbeschränkung und Bahnbenutzungsregeln) missachtet, ohne dass hieraus Konsequenzen für die Verursacher erwachsen.

Nach den „Flugtönenden Repliken 2017“ werden auch für das zurückliegende Jahr 2018 die gravierenden Missstände und die dramatischen Belastungsfehlentwicklungen aufgezeigt. Die gesammelten NoFlyHAM-Beiträge stellen ein wichtiges Korrektiv gegenüber den bestehenden, zumeist luftverkehrsnahen bis wirtschaftshörigen medialen Berichterstattungen dar. Ehrenamtlich setzen sich in diesem Zusammenhang zahlreiche Bürgerinnen und Bürger für einen tragfähigen Interessensausgleich zwischen den Belastungsverursachern und den vom Luftverkehr Betroffenen ein; Monat für Monat:

Januar

Der Zeit-Redakteur Frank Drieschner fasst in seinem eindringlichen Artikel „Unter Dach und Krach“ vom 08. Januar 2018 den nicht länger hinnehmbaren gravierenden Missstand um den regelwidrigen Betrieb des innerstädtisch gelegenen „Helmut Schmidt-Airports“ derart zusammen: „Vielleicht ist es übertrieben, den Hamburger Flughafen einen rechtsfreien Raum zu nennen. Aber wenn es um das Thema Fluglärm geht, kommt das der Sache nahe“. Der Staatsrat der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Andreas Rieckhof (SPD), sieht dies (erwartungsgemäß) völlig anders. Er hält das bestehende Verspätungsdebakel – welches unmittelbare Folge der unzureichenden inhaltlichen und rechtlichen Vorgaben in der bestehenden Betriebsgenehmigung ist – als „Ausdruck eines (angeblich) angemessenen Interessensausgleichs zwischen den verkehrlichen Belangen und dem notwendigen Schutz der Anwohner“. Empathie und Mitgefühl? Fehlanzeige!

Februar

Die europäische Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm fordert von den Mitgliedstaaten, die Schallbelastung der Bevölkerung anhand von strategischen Lärmkarten zu ermitteln und deren Ergebnisse zu veröffentlichen. Hamburg ist dieser Verpflichtung im vergangenen Jahr formal nachgekommen. Demnach sind in der Hansestadt – eine gemeinsame Darstellung mit den gleichsam betroffenen Kreisen Pinneberg, Segeberg und Stormarn in Schleswig-Holstein ist (obwohl inhaltlich dringend geboten) nicht vorgesehen – offiziell insgesamt 57.900 Bürgerinnen und Bürger von gesundheitsschädigendem Fluglärm betroffen. Speziell auf den Nachtzeitraum (d.h. von 22 Uhr bis 6 Uhr) betrachtet sind es 9.700 Menschen. Gegenüber den Werten aus dem „Lärmaktionsplan Hamburg 2013“ ist eine Steigerung bzgl. der Gesamtbetroffenheit um 1.900 Menschen (+ 3,4 %) und des Nachtzeitraumes um 5.200 Menschen (+ 115 %) festzustellen! Zu diesen Angaben ist anzumerken, dass die Anzahl an erheblich vom Fluglärm belästigten Menschen deutlich größer ist. Dies liegt daran, dass Fluglärm als wesentlich störender wahrgenommen wird als beispielsweise Straßen- oder Schienenlärm. Würde – in Anlehnung an die Weltgesundheitsorganisation WHO – ein Fluglärm-Tages-Dauerschallpegel von 45 dB(A) sowie ein Fluglärm-Nacht-Dauerschallpegel von 30 dB(A) als Bemessungsgrundlage gelten, stiege die Betroffenenanzahl auf ca. 250.000 Bürgerinnen und Bürger – allein in Hamburg. Eine derartige Betrachtung ist nicht nur angemessen, sondern fachlich dringend geboten – jedoch politisch nicht gewollt.

März

Der Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens hat das dauerhaft erträgliche Maß für die betroffenen Bürger*innen sowohl im Flughafennahbereich als auch in den An- und Abflugschneisen mittlerweile bei weitem überschritten. Dennoch bleibt es für die von den luftverkehrsbedingten Belastungen betroffenen Bürger*innen schwer, angemessen auszudrücken, was der permanente Raub der Stille bedeutet – insbesondere gegenüber denjenigen, die den Flughafen nutzen, jedoch selbst nicht unter Fluglärm zu leiden haben. Am 22. März 2018 fand im Ausschuss für Umwelt und Energie der Hamburgischen Bürgerschaft eine öffentliche Expertenanhörung zu den Möglichkeiten der Eindämmung der Luftverkehrsbelastungen am „Helmut Schmidt-Airport“ statt. Hierbei ging es insbesondere um die BUND-Volkspetition für ein konsequentes Nachtflugverbot (werktags von 22 Uhr bis 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 22 Uhr bis 8 Uhr) gehen. Im Anschluss wurden in der Hamburgischen Bürgerschaft entscheidende Weichen dahingehend gestellt, ob der grenzenlos ausufernden Zunahme von Billigflügen oder dem nachhaltigen Schutz der Bevölkerung mehr Gewicht gegeben werden soll. Das Pendel schlug zugunsten der Belastungsverursacher aus.

April

Mit der Veröffentlichung des ersten Fluglärmreports im März 2017 hat der BUND-Landesverband Hamburg Neuland betreten – mit dem nunmehr vorliegenden zweiten Fluglärmreport wird die fachliche Expertise fortgeschrieben. Bisher oblag es allein der kommerziellen Flughafenbetreibergesellschaft (Flughafen Hamburg GmbH – FHG), die Entwicklungen am „Helmut Schmidt-Airport“ (aus ihrer Sicht) darzustellen. Als Folge lag der Schwerpunkt der Auswertungen zumeist bei der sektoralen Betrachtung einzelner Nutzungsaspekte bei gleichzeitig weitgehender Außerachtlassung der externen Umweltkosten. Die umfassenden Auswertungen im Zuge des BUND-Fluglärmreportes belegen jedoch: Wer als Linien- oder Touristikfluggesellschaft am „Helmut Schmidt-Airport“ außerhalb der offiziellen Betriebszeit nach 23 Uhr mit seinen Flugzeugen noch starten oder landen möchte, braucht nur etwas Geld: Nach der aktuell bestehenden Verspätungsregelung darf bei unvermeidbaren Verspätungen ausnahmsweise auch außerhalb der offiziellen Betriebszeit bis 23:59 Uhr weiter gestartet und gelandet werden. Den „Nachweis“ der (angeblichen) Unvermeidbarkeit können die Fluggesellschaften formlos selbst erbringen, auch unvollständig (z.B. ohne Pilotennennung) und mit mehrwöchiger Verzögerung. Als häufigste „Begründung“ wird eine Störung im Betriebsablauf, die zu einer Verzögerung in der Tagesrotation geführt hat – welche dann zeitlich nicht mehr aufgeholt werden konnte – genannt. Eine Kontrolle des Wahrheitsgehaltes der Angaben ist für die zuständige Aufsichtsbehörde (Behörde für Umwelt und Energie – BUE) faktisch unmöglich.

Die Bekämpfung des Fluglärms ist nicht nur nach wissenschaftlichen Erkenntnissen im Interesse der körperlichen Integrität der Bürgerinnen und Bürger strikt geboten, sondern auch aus gesellschaftspolitischen Abwägungen. Die Fluglärmbekämpfung ist eine nicht endende grundrechtliche Pflicht, deren Erfüllung nicht ausschließlich davon abhängen kann, welche Maßnahmen gegenwärtig technisch machbar oder wirtschaftlich bzw. politisch opportun sind. Die Reduzierung der täglichen Betriebszeit am „Helmut Schmidt-Airport“ um eine Stunde von derzeit 17 Stunden auf zukünftig 16 Stunden (d.h. lediglich um 6 %) stellt ein gleichsam zielführendes wie verhältnismäßiges Instrument dar, um einen nachhaltigen Interessensausgleich zwischen dem Flughafenbetreiber und den Fluggesellschaften einerseits sowie den Betroffenen andererseits zu erreichen. Es ist an der Zeit, dass dies die Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung erkennen!

Mai

Am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ bestehen seit Jahrzehnten umfangreiche Schutzbestimmungen für die Bevölkerung vor vermeidbarem – und damit verbunden unzumutbarem – Fluglärm. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Nachtflugbeschränkungen und die Bahnbenutzungsregeln anzuführen, die allerdings – trotz immerwährender Beteuerungen des kommerziellen Flughafenbetreibers sowie der Haupteigentümerin und der Genehmigungs- / Kontrollbehörde (BWVI) – kaum noch Beachtung finden. Regelbrüche werden hier immer mehr zum Alltagsgeschäft. Die Flugspurenauswertungen des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD e.V.) belegen in diesem Zusammenhang eindrucksvoll, dass bereits beim heutigen Auslastungsgrad von ca. 77 % die Schutzbestimmungen nahezu täglich / nächtlich verletzt werden. Oberhalb einer Schwelle von ca. 30 Starts und Landungen pro Stunde besteht ein enger Zusammenhang von zusätzlicher Flugbewegungsanzahl und Intensität der Missachtung der Schutzregeln. Dieser Wert korreliert augenscheinlich mit der Häufigkeit der Fluglärmbeschwerden: Ist ein individueller Belastungsgrad bei den Betroffenen überschritten, schnellt die Beschwerdehäufigkeit überproportional in die Höhe.

Am Donnerstag, den 24.05.18 fand im Hamburger Rathaus eine Senatsbefragung zur Fluglärmbelastung in Hamburg und Schleswig-Holstein statt. Mit Entsetzen mussten die zahlreich anwesenden Bürgerinnen und Bürger miterleben, wie der kommerzielle Flughafenbetreiber (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) als Belastungsverursacher (Zustandsstörer) lang und breit stellvertretend FÜR DEN SENAT auf die Fragen der Abgeordneten antwortete. Ein äußerst fragwürdiges Verständnis von Compliance, die der Senat und die FHG hier offenbaren. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die luftverkehrsbedingten Belastungen in den vergangenen Jahren – trotz Punkteplänen und freiwilligen Selbstverpflichtungen sowie einer Entgeltnovellierung – wesentlich weiter angestiegen sind. Oder war dies gar keine Senatsbefragung, sondern eine Plauderstunde der Flughafen-Haupteigentümerin (FHH-HGV)?

Juni

Der kapitale Stromausfall am Hamburger Stadtflughafen „Helmut Schmidt“ hat das vollbracht, was sich die in den An- und Abflugschneisen lebenden (leidenden) Bürger*innen sehnlichst wünschen: Endlich Ruhe. Zugegeben, eine dauerhafte Schließung des Verkehrsflughafens können sich (bisher) nur wenige vorstellen. Dabei ließe sich mit dem ca. 570 ha großen, nahezu unbebauten Gelände ein komplett neuer (ökologisch verträglicher) Stadtteil entwickeln. Zum Vergleich: Hamburg-Horn ist ca. 590 ha groß. Dort leben derzeit ca. 38.500 Einwohner*innen und entrichten pflichtgemäß ihre Einkommensteuer. Nunmehr ist es an der Zeit, dass der Umweltausschuss seine Empfehlung der Bürgerschaft übermittelt. Diese hat dann das Recht und die Pflicht zu entscheiden, ob der schier grenzenlosen Gier nach Billigflügen weiterhin ungezügelt Vorschub geleistet werden soll oder ob die berechtigten Einwendungen der betroffenen Bürger*innen Gehör finden. Eins ist sicher: Neue Prüfaufträge, freiwillige Selbstbeschränkungen und Punktepläne bringen uns in der Sache nicht weiter!

Im Jahre 1910 schrieb Robert Koch: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest“. 1963 veröffentlichte die ZEIT zu diesem Zitat in einem eindringlichen Artikel folgendes: „Die Prophezeiung des großen Bakterienforschers hat sich erfüllt – Lärmschäden an Leib und Seele nehmen in alarmierender Weise zu. Vorerst erscheint der Kampf gegen die Lärmquellen ebenso aussichtslos wie zu Kochs Zeiten der Kampf gegen die Infektionskrankheiten.“ Es ist mittlerweile unbestritten: Fluglärm raubt gesunde Lebensjahre. Seit Jahren zeigen Fachstudien gesichert auf, dass Fluglärm, egal zu welcher Tageszeit, besonders aber in der Nachtzeit, zu irreparablen Schädigungen von Psyche und Physis des Menschen führt. Das Spektrum der nachgewiesenen Belastungen reicht von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Depressionen. Fluglärm macht uns krank, Fluglärm lässt unsere Kinder schlechter lernen, Fluglärm entwertet Besitz und Eigentum, Fluglärm fördert die soziale Ungerechtigkeit, Fluglärm spaltet die Gesellschaft. All dies wird in den Zahlenkolonnen der Luftverkehrswirtschaft ausgeklammert. Echte Nutzen-/Kostenanalysen werden nicht aufgestellt. Unser Leid wird mit null Euro in der Flughafenbilanz verbucht.

Die Anzahl an nächtlich verspäteten Starts und Landungen außerhalb der offiziellen Betriebszeit (d.h. nach 23 Uhr) am innerstädtisch „Helmut Schmidt-Airport“ hat sich von 2013 (n = 590) bis 2017 (n = 1.229) mehr als verdoppelt (+ 108 %). Die Anzahl an Flugbewegungen insgesamt ist in diesem Zeitraum dagegen „nur“ von 143.802 im Jahr 2013 auf 159.780 im Jahr 2017 angestiegen. Während der prozentuale Anstieg der Flugbewegungen 11 % beträgt, ist der der nächtlich verspäteten Flüge zehn Mal höher. In diesem Zusammenhang stellen sich unmittelbar die Fragen: Wer ist Verursacher dieses weit überproportionalen Belastungsanstiegs? Und: Wem obliegt die Verantwortung dafür, dass das vorherrschende Belastungsübermaß eingedämmt wird?

Juli

Märchenerzählen ist als immaterielles Kulturerbe in Deutschland offiziell anerkannt. Charakteristisch für Märchen ist unter anderem das Erscheinen phantastischer Elemente in Form von sprechenden und wie Menschen handelnden Tieren, von Zaubereien, Riesen und Zwergen, Geistern und Fabeltieren. Gleichzeitig tragen viele Märchen sozialrealistische oder sozialutopische Züge und sagen viel über die gesellschaftlichen Bedingungen, z.B. über Herrschaft und Knechtschaft, Armut und Hunger oder auch Familienstrukturen zur Zeit ihrer Entstehung, Umformung oder schriftlichen Fixierung aus. Die Antworten des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Flughafen Hamburg GmbH (FHG), Michael Eggenschwiler, im Interview mit dem Hamburger Abendblatt (HA) vom 04.07.18 weisen wesentliche Elemente eines Märchens auf …

Aus der Mitteilung 317/57 des Hamburger Senats an die Bürgerschaft vom Oktober 1957 zur Frage eines möglichen Ausbaus des Verkehrsflughafens in Hamburg-Fuhlsbüttel im Zusammenhang mit der in dieser Zeit anstehenden Umstellung der Luftverkehrswirtschaft auf Turbinen-Luftstrahl-Triebwerke (Strahlflugzeuge) ist im Hinblick auf die Lärmproblematik zu entnehmen, dass es unbedingt notwendig sei, alle Maßnahmen zu ergreifen, durch die der Lärm verringert oder gar beseitigt werden kann. Unvermeidliche Lärmentwicklungen in den Flugschneisen seien durch betriebliche Maßnahmen zu verringern. Eine dieser Maßnahmen war (und ist) die Festlegung der vorzugsweisen Benutzung einer bestimmten An- und Abflugrichtung – die Geburtsstunde der Bahnbenutzungsregeln (BBR) am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen. Die erste Fassung der BBR wurde im August 1959 vom Senat mit der Mitteilung 129/59 der Hamburgischen Bürgerschaft unterbreitet. Eindeutig geht es hierbei um grundlegende Zielsetzungen zum Schutz der Bevölkerung: Fluglärm ist demnach wirksam zu vermeiden, zu vermindern und zu begrenzen. Im Wesentlichen gibt es drei Regeln (BBR 2.1, 2.2 und 2.3), von denen eine Regel 2017 immerhin mit einer Quote von 77,5 % eingehalten wurde. Erschreckend ist jedoch, dass die beiden anderen Regeln an lediglich 23,3 % aller Betriebstage (BBR 2.1) bzw. sogar nur an 9,3 % aller Betriebstage (BBR 2.3) konsequent eingehalten wurden, was sicher zum großen Teil nicht mit Sicherheitsaspekten zu begründen ist. Seitens der DFS und FHG wird bzgl. der Regelbeachtung unrechtmäßigerweise mit zweierlei Maß gemessen. Die taz vom 16.07.18 fragt in diesem Zusammenhang sarkastisch: „Gilt deutsches Verwaltungsrecht etwa nur bei Sonnenschein und Windstille?

August

Der bedingte Vorsatz (Eventualvorsatz) ist eine Form des strafrechtlichen Tatbestandsvorsatzes. Hierbei hält der Täter die Verwirklichung eines Tatbestandes ernsthaft für möglich, ignoriert jedoch bewusst das Risiko. Abzugrenzen ist der bedingte Vorsatz von der Verschuldensform der bewussten (groben) Fahrlässigkeit. Bei der bewussten Fahrlässigkeit kennt der Täter ebenfalls die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung, rechnet aber glaubhaft nicht damit, dass sie eintreten wird. Beim Eventualvorsatz nimmt der Täter die Verwirklichung des Tatbestandes dagegen wider besseres Wissen billigend in Kauf. Bezüglich der permanenten Missachtungen der Nachtflugbeschränkung am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ ist in den meisten Fällen von Eventualvorsatz der Fluggesellschaften mit ihren Piloten auszugehen, da bereits beim Start „in Irgendwo“ feststeht, dass die 23 Uhr-Grenze in Hamburg nicht zu halten sein wird. Mangelhafte Umlaufplanung ist vermeidbar. Hier sind Dispatcher gefragt, die sich nicht allein der Gewinnmaximierung ergeben, sondern die regionalen Schutzbestimmungen für die Bevölkerung umfassend beachten.

Aus gutem Grund gibt es in Deutschland die allgemeine Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr. Diese Vorgabe gewährleistet der Bevölkerung die Möglichkeit auf gesunderhaltenden Schlaf in hinreichender Dauer und Tiefe. Mangelhafter Schlaf erhöht die Wahrscheinlichkeit menschlichen Versagens, die Fehlerhäufigkeit (z.B. im Beruf, Verkehr, Haushalt) nimmt drastisch zu. Andauernder Schlafentzug führt zu schwereren Symptomen wie Apathie, Depressionen und Somnolenz. Das Gemälde „An der Schwelle zur Ewigkeit“ von Vincent Willem van Gogh (1890) mag Symbol für die Verzweiflung und Ohnmacht der vom überbordenden Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger in den An- und Abflugschneisen sowie im Flughafennahbereich des „Helmut Schmidt-Airports“ sein. Ihr Bedürfnis nach Ruhe wird den Gelüsten der Spaßgesellschaft und der grenzenlosen Gewinnsucht der Fluggesellschaften und des Flughafenbetreibers seitens der Verantwortungsträger (w/i/m) in Politik und Verwaltung preisgegeben – entgegen vielfachen, anderslautenden Beteuerungen

September

Ein Pyrrhussieg ist ein zu teuer erkaufter (Schein-)Erfolg in einer Streitangelegenheit. Hierbei geht der Sieger aus dem Konflikt ähnlich geschwächt hervor wie der Besiegte und kann auf dem (vermeintlichen) Sieg für die Zukunft nicht aufbauen. Genau so wird es dem kommerziellen Betreiber des „Helmut Schmidt-Airports“ (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) ergehen, nachdem es ihm gelungen ist, die rot-grüne Mehrheit des Umweltausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft auf seine Seite zu ziehen, um die BUND-Volkspetition „Nachts ist Ruhe – Fair für alle, gut für Hamburg“ abzulehnen. Offiziell heißt es, die Volkspetition sei nicht „abhilfefähig“. Abhilfefähigkeit? Dies ist ein formal-juristischer Begriff aus dem Eingabe-Bearbeitungswesen der Hamburgischen Bürgerschaft. Er soll dem Petenten vermitteln, dass dem eingereichten Ersuchen nicht abgeholfen werden kann, weil dies rechtlich unzulässig sei. In der Lebenswirklichkeit ist die formale Abhilfefähigkeit von einem Abhilfewillen bzw. einer Abhilfebereitschaft zu unterscheiden. Bei der vorliegenden (erfolgreich eingereichten) BUND-Volkspetition „Nachts ist Ruhe – Fair für alle, gut für Hamburg“ soll die allein durch die rot-grüne Stimmenmehrheit erreichte Beschlusslage (CDU, LINKE, FDP und AfD haben gegen den Beschluss gestimmt) suggerieren, selbst wenn wir wollten, könnten wir dem Begehr der Volkspetition (Nachtflugverbot) nicht nachgeben, da hiergegen (angeblich) „Recht und Ordnung“ stünden. Dem ist nicht so. Die Betriebsgenehmigung kann aus tragenden Gründen (z.B. zum Schutz der Bevölkerung vor vermeidbarem Fluglärm) geändert werden. Allein, es fehlt am politischen Wille.

Barack Obama log im Durchschnitt zwei Mal pro Jahr öffentlich. Donald Trump lügt fünfmal pro Tag“ (DLF vom 03.01.18); beides scheint – zumindest für weite Teile der US-amerikanischen Bevölkerung – zum jeweiligen Zeitpunkt akzeptabel. Woher kommt dieser Wertewandel? Was hat dieses Beispiel mit der aktuellen Debatte dem eskalierenden Streit um das Ausmaß Übermaß der nächtlich verspäteten Starts und Landungen (außerhalb der offiziellen Betriebszeit) am Hamburger Verkehrsflughafen zu tun? Es geht um die Erfassung und Bewertung sich ändernder Belastungszustände. Deutlich wird, dass der weitaus größte Teil der zwischen 23 Uhr und 24 Uhr am innerstädtischen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ vollzogenen Starts und Landungen aus nichtigen (vermeidbaren) Gründen stattfindet! Bei acht von zehn nächtlich verspäteten Flugbewegungen wird die in der Flughafenbenutzungsordnung festgeschriebene Unvermeidbarkeit nicht erfüllt. Dies bedeutet, dass die FHG ihren Betreiberpflichten nicht nur unzureichend nachkommt, sondern diese wissentlich missachtet. Stellt sich die Frage, warum die zuständige Aufsichtsbehörde (BWVI) dies duldet? Vielleicht weil die Haupteigentümerin der FHG die Stadt Hamburg ist!

Oktober

Die fachlich unbegründete rot-grüne Ablehnung der BUND-Volkspetition zur Belastungsreduzierung im Hamburger Umweltausschuss am 06.09.18 sowie in der Hamburgischen Bürgerschaft am 26.09.18 stellt den bisherigen Gipfel der Ignoranz gegenüber den berechtigten Bedürfnissen der vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bevölkerung dar. Da hilft auch das Trostpflaster aus 21 neuen Prüfaufträgen, moralischen Zeigefingern und Wunschdenken nicht weiter. Mit den 21 Punkten werden mal wieder der Fluglärm sowie seine Verursacher geschützt und nicht die Betroffenen! Die vom Luftverkehr betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowohl im Flughafennahbereich als auch in den An- und Abflugschneisen haben sich auf das Handeln der Entscheidungsträger (w/i/m) in Politik und Verwaltung verlassen! – Sie haben darauf gebaut, dass soziale Gerechtigkeit und Umweltgerechtigkeit keine Wortphrasen darstellen. Sie haben geglaubt, dass es den ernsthaften Willen gibt, einen hinreichenden Interessenausgleich zwischen dem Flughafenbetreiber und den Fluggesellschaften einerseits sowie den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern andererseits herzustellen.

Am Freitag, den 5. Oktober 2018 traf sich die Luftverkehrswirtschaft (Fluglobby) in Hamburg, um über das bestehende Flugchaos zu debattieren. Hehres Ziel war es, die Zuverlässigkeit des Flugverkehrs wieder auf ein akzeptables Niveau zu bringen – zum Wohl (Bequemlichkeit) der Passagiere und zur Verlustminimierung der Fluggesellschaften. Um die verspätungsbedingten Zusatzbelastungen der Menschen in den An- und Abflugschneisen sowie im Flughafennahbereich ging es nicht. Ebenso wenig darum, wie klimaschädlich Fliegen ist. Dies erklärt, warum keine Bundesvertreter*innen von Umweltschutzorganisationen oder der Fluglärmbetroffenen eingeladen waren. Auf die einfache Frage des Hamburger Abendblattes: „Glauben Sie, dass die Flugzeuge nach dem Luftfahrtgipfel pünktlicher landen?“ antworteten 1.918 von 2.131 Befragten (w/i/m), d.h. 90 %, mit einem klaren „NEIN“! – Noch deutlicher kann ein Ergebnis (Misstrauensvotum) kaum ausfallen!

November

„Hamburger Pilot fliegt Emirates-Airbus A380 nach Hause“, titelte das Hamburger Abendblatt (HA) am 22. Oktober 2018 – noch pathetischer geht es kaum. Dass laut HA der „Mega-Jumbo in Hamburg einschweben wird“, stellt einen Euphemismus dar. Im (Standard-) Anflug wirken bei diesem übergroßen Passagierflugzeug in einer Entfernung von 2 km vom Aufsetzpunkt und einer Restflughöhe von 120 m auf ein Empfängerohr am Boden zehn Sekunden lang mindestens 98 Dezibel ein. Ein derartiger Lärm wird im Allgemeinen als unerträglich wahrgenommen. Damit dieses Flugzeug trotz seiner dinosaurierartigen Ausmaße überhaupt am „Helmut Schmidt-Airport“ verkehren kann, war es erforderlich, zusätzlich die Grünstreifen neben den befestigten Start- und Landebahnen mit Kunstharz zu fixieren. Warum Kunstharz? – Damit dies (bei schräger Betrachtungsweise) nicht als Erweiterung der Flughafeninfrastruktur zu werten ist. Ein Taschenspielertrick, um ein förmliches Planfeststellungsverfahren (inkl. Umweltverträglichkeitsprüfung) zu umgehen. Das Übermaß an Ignoranz übt jedoch Hamburgs Erster Bürgermeister, Dr. med. Peter Tschentscher, aus, der sich in der These versteift, dass die kostenlosen Kitaplätze in seiner Stadt dem Luftverkehr – und damit verbunden auch der regelmäßigen A380-Niederkunft – zu verdanken sind. Dass Fluglärm nachgewiesenermaßen der Lernentwicklung und Gesundheit von Kindern schadet, interessiert den Doktor der Medizin nicht.

Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Leider unterbleibt allzu oft der zweite Schritt: Entsprechend geänderte Handlungsweisen an den Tag (und die Nacht) zu legen. Hoffentlich unterliegt Eurowings-Chef Thorsten Dirks nicht dem (spröden) Charme von Jahresplänen Punkteplänen, sondern erkennt, dass das Wirtschaftsmodell der Billigfliegerei zunehmend instabil wird. Die Branche der Discounterairlines ist weitgehend „ausoptimiert“. Während die Fixkosten (Kerosin, Personal, Flugzeugwartung und -finanzierung, Start- und Landegebühren, Fluggast-Entschädigungszahlungen) kontinuierlich steigen, sinkt die Bereitschaft der Kunden, ihre wertvollen Urlaubsstunden mit stressigen Abfertigungsritualen und beklemmender Enge im Flugzeug (inkl. penetranten Werbeverkaufsveranstaltungen) zu verbringen. Sowohl die luftverkehrsseitige als auch die landgebundene Infra– und Suprastruktur stößt immer häufiger an ihre Grenzen; eine Erweiterung dieser „Hemisphären“ ist nahezu ausgeschlossen. Als Folge der geänderten Rahmenbedingungen sinken seit Jahren die Margen, d.h. die Konzernrenditen nach Abzug der Steuerleistung.

Am Freitag, den 23. November 2018, tagte der Gemeinsame Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein (GA) in Norderstedt. Ziel dieser seit November 2016 bestehenden regelmäßigen politischen Zusammenkunft ist es, länderübergreifend relevante Fragestellungen und Herausforderungen nicht nur vom eigenen Standpunkt aus zu betrachten, sondern in einem Dialog die Sichtweise der anderen Seite aufzunehmen und bestenfalls zu verstehen. Die jeweils elf Abgeordneten des GA aus Bürgerschaft und Landtag sollen für ihre Landesparlamente Entscheidungen zu bestimmten Sach- und Fachthemen vorbereiten. So war es auch zum Thema „Verkehrsflughafen Hamburg-Fuhlsbüttel und Maßnahmen zum Lärmschutz“ geplant. Hierzu sollte ursprünglich lediglich der Vorsitzende der kommerziellen Flughafen-Betreibergesellschaft (FHG), Michael Eggenschwiler, ausführlich berichten. Um dem Grundsatz des Ausschusses – gemeinsame Erarbeitung einer umfassenden Informationslage – zu folgen, wurde wenige Tage vor der Sitzung zusätzlich ein Sprecher aus dem Kreis der vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger eingeladen. Dies passte jedoch einigen Ausschussmitgliedern nicht, so dass lediglich 48 Stunden vor Sitzungsbeginn der Tagesordnungspunkt überraschend in Gänze gestrichen wurde. Offensichtlich sollte nicht umfassend, sondern einseitig über das „Wohl und Weh des Flughafenbetriebes“ berichtet werden. Manipulation statt Information!

Dezember

Die vom Betrieb des „Helmut Schmidt-Airports“ betroffenen Bürgerinnen und Bürger wurden verschaukelt. Der Umweltausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat eine formal-juristische Entscheidung getroffen. Diese basiert im Wesentlichen auf einer (fehlerhaften) Auskunft des Senats, wonach die Betriebsgenehmigung (angeblich) nicht änderbar sei. Nach eingehender Prüfung widerruft der Senat diese Auskunft und kehrt sie genau ins Gegenteil um. Diese maßgebliche Nachricht wird von der Vorsitzenden des Umweltausschusses jedoch als „bloße redaktionelle Änderung“ gegenüber der Bürgerschaft transportiert. Da im Plenum der Bürgerschaft vor der Abstimmung nur eine Kurzdebatte zu der BUND-Volkspetition durchgeführt wurde, erfolgte dort faktisch eine Entscheidung aufgrund einer elementaren Fehlinformation. Die Stärke einer Demokratie zeigt sich insbesondere im Umgang mit der Wahrung der Bedürfnisse von Minderheiten. Acht von zehn Hamburgerinnen und Hamburger nutzen den „Helmut Schmidt-Airport“ ohne selbst durch dessen Betrieb in ihrem täglichen Leben beeinträchtigt zu werden. Von diesen Leuten ist häufig zu hören, dass der Flughafen (angeblich) „zuerst da war“. Vergessen wird dabei, dass wir nicht mehr in der Kaiserzeit leben und dass heutige Betriebsgenehmigungen und Planfeststellungsbeschlüsse auch für die Luftverkehrswirtschaft verbindlich gelten. Darin enthaltene Bestimmungen zum Schutz der Bevölkerung (insbesondere Nachtflugbeschränkung und Bahnbenutzungsregeln) sind daher vollumfänglich zu beachten!

Die Eckwerte des Skandals lauten: Die Anzahl der parallel nutzbaren Flugsteige (Gates) am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ soll nach den Vorstellungen der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) von derzeit 34 auf zukünftig 56 steigen. Für den sogenannten Flughafen-Entwicklungsplan (bestehend aus einem umfassenden Vorbau an den Terminals 1 und 2, der neu zu errichtenden Abfertigungs-Pier Süd sowie einem Satelliten-Terminal auf dem Vorfeld) will der kommerzielle Flughafenbetreiber insgesamt 500 Mio. Euro investieren. Das Geld soll von den Fluggesellschaften kommen, bezahlt über entsprechend erhöhte Nutzungsentgelte (z.B. Start- und Lande- sowie Abfertigungs- / Serviceentgelte). Diese wehren sich vehement gegen den Flughafen-Entwicklungsplan, da er ihrer Ansicht nach zu groß und zu teuer ist. Insgesamt sollen durch die erweiterte Flughafenstruktur 8,4 Mio. Passagiere pro Jahr mehr transportiert werden als heute. Aus Sicht der vom Fluglärm und Flugdreck betroffenen Bürgerinnen und Bürger stellt sich sofort die elementare Frage: Zu welchen Mehrbelastungen wird der geplante Flughafenausbau führen? Um den seitens der FHG avisierten Passagierzuwachs von 8,4 Mio. auf insgesamt 26 Mio. Pax pro Jahr in 2035 zu realisieren, sind ca. 56.000 zusätzliche Starts und Landungen pro Jahr erforderlich! Die FHG-seitig angestrebte „Modernisierung“ (Erweiterung) führt somit zu einer wesentlichen Steigerung des Flugverkehrs – verbunden mit einer entsprechenden Zusatzbelastung für Mensch und Umwelt. Folglich handelt es sich bei dem heftig kritisierten Flughafen-Entwicklungsplan um einen planfeststellungspflichtigen Vorgang und nicht um ein schlichtes Plangenehmigungsverfahren. Es liegt demnach ein massiver Verfahrensfehler vor, den es zwingend zu beheben gilt. Bis dahin sind die baulichen Tätigkeiten zu stoppen.

Im Jahr 1998 wurde mit dem sogenannten Fluglärmkontingent ein dauerhaftes Lärm-Verschmutzungszertifikat für den Betrieb des Hamburger Verkehrsflughafens beschlossen. Dieses besagt, dass die räumliche Ausdehnung der 62 dB(A)-Fluglärm-Dauerschall-Isophone nicht mehr als 20,4 km² betragen soll. Grundlage für diese Zahl bildeten die Lärmemissionen der sechs flugverkehrsreichsten Monate des Vorjahres, d.h. des Jahres 1997. Seinerzeit wurde dieses Belastungszertifikat – wider besseren Fachwissens – weit im Übermaß erteilt, da zum Zeitpunkt der Festlegung bereits feststand, dass ab dem Jahr 2002 das Verbot der überlauten Chapter 2-Flugzeuge wirksam werden würde. Somit werden seit der Kontingentierung Jahr für Jahr 34.000 bis 66.400 Flugbewegungen „Lärmreserve“ vorgehalten. Dies stellt eine unzulässige Bevorratungserlaubnis dar; das Fluglärmkontingent erweist sich als „fliegender Lärmteppich“, eine schützende Steuerungswirkung fehlt in Gänze! Aus diesem Grund stellt die jährliche „Erkenntnis“ der Kommission zum Schutz des Fluglärms (FLSK), dass das jeweils aktuelle Flugjahr das Fluglärmkontingent sicher eingehalten hätte, inhaltlich eine Farce dar. Aus der aufsteigenden Reihung des jährlichen Fluglärmteppichs der Jahre 2000 bis 2018 wird deutlich, dass – entgegen der Falschbehauptung der FHG, es bestände eine annähernd konstante Lärmkontur, da die Fluggäste in immer modernere und leisere Flugzeuge steigen würden – zu Beginn des Jahrtausends (2001 – 2004) die Größe des Fluglärmteppichs mit 11,2 – 11,9 km² wesentlich kleiner war als in den drei letzten Jahren. Die Jahre 2016 – 2018 stellen mit einem Fluglärmteppich von 14,0 – 14,7 km² die (bisher) drei lautesten Jahre des Jahrtausends dar. Dieses Missverhältnis zeigt sich auch darin, als dass selbst das Jahr 2007 – das mit 173.500 Starts und Landungen bisher flugverkehrsreichste Jahr – erst an vierter Stelle der Lärmrangliste steht. Dies bedeutet, dass vor 10 Jahren mit deutlich mehr Flugbewegungen (15.000 – 16.500 zusätzliche Starts und Landungen) weniger Fluglärm produziert wurde.

Im zurück liegenden Jahr fand die Nachtflugbeschränkung lediglich in 53 von 365 Nächten Beachtung. Dies entspricht einer Regel-Beachtungsquote von minimalen 14,5 %. Im Vorjahr (2017) waren es noch 66 Nächte (18,1 %) ohne Starts und Landungen nach 23 Uhr; davor (2016) noch 74 Nächte (20,3 %) – es zeichnet sich ein deutlicher Negativtrend ab. Im Jahr 2018 gab es am „Helmut Schmidt-Airport“ insgesamt 1.191 nächtlich verspätete Starts und Landungen von Linien- und Touristikfliegern außerhalb der offiziellen Betriebszeit, d.h. nachts zwischen 23 Uhr und 06 Uhr. Dies sind nochmals 131 Flüge (bzw. 12 %) mehr als im Jahr 2017, dem bisherigen Malusjahr. Die Liste an Versuchen der Politik, der Verwaltung sowie des kommerziellen Flughafenbetreibers (FHG), das am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen bestehende Belastungsübermaß einzudämmen, ist ebenso lang wie erfolglos: „10 Punkte-Plan“ der Hamburgischen Bürgerschaft vom April 2014; „16 Punkte-Plan“ der Hamburgischen Bürgerschaft vom Januar 2015; „Pünktlichkeitsoffensive“ der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) vom Mai 2016; Entgeltnovellierung der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) vom Juni 2017; Gewinnabschöpfungsverfahren der Hamburger Umweltbehörde (BUE) vom März 2018; Bearbeitungsgebühr der Hamburger Umweltbehörde (BUE) vom Juli 2018; „21 Punkte-Plan“ des Hamburger Senats vom September 2018; „25 Punkte-Plan“ von Bund, Ländern und Luftverkehrswirtschaft vom Oktober 2018. Trotzdem wird von den jeweiligen Entscheidungsträger*innen krampfhaft an dem „Maßnahmenpaket“ als Heilsbringer festgehalten – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt …

Fazit des Jahres 2018:

Der Betrieb eines innerstädtischen Flughafens inmitten einer dicht besiedelten Metropolregion bedingt die umfassende Rücksichtnahme auf die vom Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowohl im Nahbereich um den Flughafen als auch in den An- und Abflugkorridoren bis weit in das Umland hinaus. Fest steht in diesem Zusammenhang, dass es kein Recht auf Billigflieger, jedoch eines auf körperliche und seelische Unversehrtheit gibt. In einer Stadt, in der die eine Regierungspartei sich soziale Gerechtigkeit groß auf die Fahnen schreibt und die zweite Regierungspartei ihre Kernkompetenz im Bereich der Umweltgerechtigkeit sieht, sollte das Ergebnis einer Interessensabwägung eindeutig ausfallen. Es sei denn, das jeweilige Gerechtigkeitsstreben endet dort, wo Wirtschaftslobbyismus umfassend bedient werden will.