Industrialisierung, Globalisierung, Ausbeutung von Rohstoffreserven, Zerstörung von Lebensräumen, Schadstoffausstoß, Bevölkerungswachstum – erdgeschichtlich befinden wir uns im Anthropozän; dem Zeitalter, in dem der handelnde Mensch zum wichtigsten Einflussfaktor auf die biologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Die ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten – deren Überschreitung die Stabilität des Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschheit insgesamt gefährdet – sind weit überschritten.
Im Zuge der Umweltschutz– und Klimawandeldebatte ist es von großer Bedeutung, zu wissen, welches die Hauptbelastungsfaktoren sind: Der ökologische Fußabdruck stellt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Nachhaltigkeitsindikator dar. Eingepreist in die Berechnung werden der Verbrauch an stofflichen sowie energetischen Ressourcen sowie die entstehenden Abfallprodukte. Ergänzend zum ökologischen Fußabdruck ist der Sustainable Process Index (SPI) zu sehen, da dieser neben den Stoff- und Energieflüssen auch sämtliche Emissionen „einpreist“. Betrachtet werden: (1) der direkte Flächenverbrauch, (2) der Verbrauch nicht-erneuerbarer Rohstoffe, (3) der Verbrauch erneuerbarer Rohstoffe, (4) der Verbrauch fossiler Rohstoffe, (5) die Emissionen in die Luft, (6) die Emissionen in das Wasser, (7) die Emissionen in den Boden.
Beim SPI werden alle Stoff- und Energieflüsse, die für ein Produkt oder eine Dienstleistung notwendig sind, in Flächen umgerechnet. Dabei wird der gesamte Produktlebenszyklus so weit wie möglich dargestellt. Das heißt, die ganze Prozesskette vom Abbau der Rohstoffe, über die Herstellung und Verwendung bis hin zum Recycling bzw. zur Entsorgung der Materialien wird beachtet. Der SPI ermöglicht es auch graue Emissionen zu erfassen. Dies sind Emissionen, die mit der Herstellung und dem Betrieb von Infrastrukturen verbunden sind.
Die Kenntnis der Größe des eigenen ökologischen Fußabdruckes (inkl. der wesentlichen Treiber) sollte allgegenwärtig sein: Wohnen (Heizung, Strom, Internet), Art und Ausmaß der Mobilität (beruflich, privat), Ernährungsweise (von vegetarisch-regional-saisonal bis tierisch-global-ganzjährig) bestimmen unsere eigene Umwelt(un)verträglichkeit.
Bildnis: Der persönliche ökologische Fußabdruck ist von großer Bedeutung. Rund 80 % des klimaverträglichen Kohlendioxid-Jahresbudgets verbraucht die Hamburger Bevölkerung durch die Vielfliegerei. Folgende Kennzahlen liegen dieser frappierenden Feststellung zu Grunde: (1) Transportierte Passagiere am „Helmut Schmidt-Airport“ im Jahr 2018: 17.230.000; (2) Anteil der Hamburger Bevölkerung am Passagieraufkommen: 60 %; (3) Gesamtanzahl der Hamburger Passagiere: 10.338.000; (4) Einwohneranzahl Hamburgs: 1.835.000; (5) Durchschnittliche Anzahl an Flügen je Bewohner: 5,6 pro Jahr; (6) Durchschnittliche Flugstrecke: 1.088 km; (7) Durchschnittlicher CO2-Ausstoß (abhängig vom Flugzeugtyp, Flugart (Linie oder Charter), Sitzplatzkategorie und Auslastungsgrad) bei 1.088 km Flugstrecke: 325 kg CO2. Datenquellen sind der kommerzielle Flughafenbetreiber (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) sowie der gemeinnützige Verein „Deutscher Fluglärmdienst“ – DFLD e.V.)
Flugzeuge stellen das umweltschädlichste Verkehrsmittel dar. Die Größe des persönlichen ökologischen Fußabdruckes wird maßgeblich durch das Ausmaß der „Umherfliegerei“ bestimmt. Die große Mehrheit der Menschheit ist noch nie geflogen – aber die kleine Minderheit, die regelmäßig fliegt, schadet der Umwelt mit ihrem egoistischen Handeln extrem.
Der innerstädtisch gelegene Hamburger Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ mit seinen unzähligen Billigflugangeboten verleitet die Hamburger Bevölkerung zum häufigen Hin- und Herfliegen. Durchschnittlich 5,6 Flüge mit jeweils 1.088 km Distanz hat jede Hamburgerin und jeder Hamburger (vom Säugling bis zum Greis) im Jahr 2018 unternommen und dabei allein durch diese Vielfliegerei eine CO2-Last von 1.820 kg pro Person und Jahr erzeugt – Anschlussflüge sind hierbei nicht berücksichtigt.
Das klimaverträgliche Gesamtbudget (inkl. Ernährung, Wohnen, Kleidung, Alltagsmobilität, …) eines Menschen liegt bei 2.300 kg pro Jahr. Dies bedeutet, dass die Hamburger Bevölkerung im Mittel mindestens 79 % ihres jährlichen Kohlendioxidbudgets durch das preisgetriebene Mobilitätsinteresse verbraucht. Damit wird deutlich, in welchem Übermaß die „Umherfliegerei“ die Größe des persönlichen ökologischen Fußabdruckes belastet.
In einer Stadt, die den Titel „Europäische Umwelthauptstadt“ trägt und dessen Erster Bürgermeister die „Chicago Climate Charter“ unterzeichnet hat – mit der sich die Städte zur Einhaltung ihrer nationalen Klimaschutzziele und zusätzlich den Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens bekennen – sollte anstelle den ungezügelten Wachstumsgelüsten des kommerziellen Flughafenbetreibers kritiklos zu folgen, Vernunft einkehren und Ideen für nachhaltige Mobilitätskonzepte entwickelt werden.
Fazit: „Fliegen für den Klimawandel“ ist eine bissig-ironische Plakataktion, die Anfang des Jahres in der (zumeist fluglärmfreien) Hamburger Innenstadt zu sehen war. Fest steht: Wer fliegt, schädigt Umwelt und Klima überproportional. Es wird Zeit, dass „Flugscham“ auch in Hamburg eine angemessene Bedeutung erlangt. Das Flugverkehrsverhalten der Hamburger Bevölkerung muss sich ändern. Mit rund 70 % sind Freizeitflüge (d.h. private Urlaubs- und sonstige Spaßreisen) der Hauptreisegrund. Bei rund 20 % aller Flüge handelt es sich um Kurzstreckenflüge mit weniger als 500 km Distanz. Diese können bequem per Bahn oder Bus absolviert werden.