Klimalast Fliegen

Im Jahr 2018 sind 97 % der Weltbevölkerung nicht geflogen. Der verbleibende Rest hat mit seinem/ihrem vollzogenen Mobilitätsinteresse innerhalb von 365 Tagen insgesamt eine Milliarde Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Erdatmosphäre gepestet. Fliegen ist (und bleibt) der mit Abstand umweltschädlichste Verkehrsträger. Fliegen ist (und bleibt) im globalen Maßstab eine Luxus-Mobilitätsform zu Lasten Dritter. Fliegen schädigt das Klima weit überproportional und gefährdet das Leben nachfolgender Generationen auf unserem Planeten!

Abb. 1: Manchmal hilft ein Perspektivwechsel, um nachhaltiges Handeln zu ermöglichen – Die (verletzliche) Atmosphäre der Erde, aufgenommen von der ISS im Jahr 2006; NASA Earth Observatory

Die Klimalast des Hamburger Verkehrsflughafens „Helmut Schmidt“ berechnet sich aus drei Faktoren: (1) den auf dem Betriebsgelände am Boden verursachten CO2-Emissionen, (2) den in der Startphase bzw. der Landephase verursachten CO2-Emissionen (LTO-Zyklus) sowie (3) den während der Flugstrecke verursachten CO2-Emissionen (Halbstreckenprinzip).

Für das Jahr 2018 ergibt sich ein diesbezüglicher Schadstoffausstoß von insgesamt 854.647 t CO2/a. Er setzt sich zusammen aus 15.457 t CO2/a (entsprechend 1,8 %) für den bodenbezogenen CO2-Ausstoß, 163.074 t CO2/a (entsprechend 19,1 %) für den flughafennahen Luftverkehr und 676.116 t CO2/a (entsprechend 79,1 %) für die hälftige Flugstrecke zwischen Start- und Zielflughafen.

Letztere ergibt sich aus der Gesamtflugverkehrs“leistung (d.h. den aufsummierten Flugstrecken von und zum „Helmut Schmidt-Airport“). Diese betrug auf Datengrundlage des DFLD e.V. ca. 151 Mio. Flugkilometer. Aus der Annahme eines durchschnittlichen Kerosinverbrauchs eines Flugzeuges von 3.250 Liter pro 1.000 km und unter Anwendung des Halbstreckenprinzips, resultiert die obige Zahl. Sie deckt sich sehr gut mit den Angaben des Statistikamtes Nord, welches anhand der Verursacherbilanz für den „Helmut Schmidt-Airport“ für das Jahr 2016 auf eine CO2-Emission von insgesamt 872.000 Tonnen kommt.

Abb. 2: Wissenschaftler vom Mauna Loa-Observatorium in Hawaii verzeichneten am 11.05.2019 mit 415,26 CO2-Teilchen pro Million Teilchen Luft (ppm) die höchste CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre seit Beginn der Aufzeichnungen. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre lag zuletzt vor etwa drei Millionen Jahren während des Pliozän bei einem vergleichbar hohen Wert. Der Meeresspiegel war zu dieser Zeit, aufgrund der zwei bis drei Grad höheren Durchschnittstemperatur, etwa 25 Meter höher als jetzt. In der hiesigen Presse fand diese schockierende Nachricht kaum Resonanz …

Das Umweltbundesamt (UBA) hat eine ökonomische Bewertung von Umweltschäden vorgenommen (siehe „Methodische Grundlagen“ sowie „Kostensätze“). In Anlehnung an die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des Deutschen Bundestages finden dabei vier Handlungsgrundsätze Beachtung: (1) Die Nutzung einer Ressource darf auf Dauer nicht größer sein als ihre Regenerationsrate oder die Rate der Substitution all ihrer Funktionen, (2) Die Freisetzung von Stoffen darf auf Dauer nicht größer sein als die Tragfähigkeit der Umweltmedien oder als deren Assimilationsfähigkeit, (3) Gefahren und unvertretbare Risiken durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden, (4) Das Zeitmaß anthropogener Eingriffe in die Umwelt muss in einem ausgewogenen Verhältnis zu der Zeit stehen, die die Umwelt zur selbst stabilisierenden Reaktion benötigt.

Aus Gründen des Umweltschutzes und zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wohlfahrt sollten externe Kosten dem Verursacher angelastet (d.h. internalisiert) werden. Dies kann mit verschiedenen Instrumenten geschehen: Durch eine Abgabe oder Steuer auf die umweltschädigende Aktivität (z.B. Emission von Schadstoffen) erfolgt eine Internalisierung über Preise. Die Höhe der Steuer bemisst sich im Idealfall an den Grenzkosten des Schadens (d.h. den monetär bewerteten zusätzlichen Umweltschäden pro emittierter Schadstoffeinheit). Der Verursacher hat einen Anreiz, die Emissionen zu reduzieren, so lange die hierdurch eingesparte Steuer höher ist als die Kosten der Reduzierung. Der Anreizmechanismus durch die Steuer führt daher im Idealfall zu einem Ausgleich von Grenzschadenskosten und Grenzvermeidungskosten.

Wirkungen auf die Umwelt und den Menschen sind in der Regel nicht vollständig quantifizierbar. Die Schätzungen der Umweltkosten geben daher oft nur einen Teil der tatsächlichen Schäden wieder. Bei der umweltpolitischen Bewertung der Ergebnisse ist daher zu berücksichtigen, dass die Kosten oft nur Untergrenzen für die tatsächlich zu erwartenden negativen Auswirkungen darstellen. Leid und Schmerz lassen sich nur schwer quantifizieren, ebenso wie langfristig wirksame Schadeffekte.

Abb. 3: Im antiken Griechenland wurden in zweifelhaften und ungewissen Fällen Orakel konsultiert. Das berühmteste war das Orakel von Delphi mit der blinden Seherin Pythia. Pythia benebelte ihre Sinne mit Gasen, um in Trance Vorhersagen und Ratschläge für die Zukunft machen zu können. Pythias Weissagungen blieben jedoch immer mehrdeutig. Heutzutage gilt es dem Shifting Baseline-Effekt nicht aufzusitzen. Eine (inhaltlich und zeitlich) zu kurz gegriffene Betrachtung eines sich ändernden Systems kann zu fatalen Missdeutungen führen, die sogar in Ignoranz enden können (s.o.)

Im Hinblick auf die monetäre Bewertung der Klimafolgeschäden belaufen sich die Kostensätze gemäß UBA auf 180 Euro pro Tonne ausgestoßenem Kohlenstoffdioxid. Das Bezugsjahr ist 2016. Unter Beachtung der generationsübergreifenden Schäden steigt der Kostensatz auf 640 €/t CO2. Demnach hat allein im Jahr 2018 der Betrieb des „Helmut Schmidt-Airports“ einen akuten Klimaschaden von 153,8 Mio. Euro erzeugt! Wird der heutige Klimaschaden auch auf die kommenden Generationen übertragen, erhöht sich das Umweltsaldo (d.h. die durch die Flughafennutzer oder den Flughafenbetreiber jährlich zu entrichtende Klimaschaden-Kompensationszahlung) auf 547,0 Mio. Euro.

Abb. 4: Der Anstieg der (durchschnittlichen) globalen Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre hat sich auf katastrophale Weise beschleunigt. Während der Anstieg von 270 ppm auf 280 ppm ungefähr 5.000 Jahre dauerte, wurde der Anstieg von 370 ppm auf 380 ppm in lediglich 5 Jahren vollzogen. „Dank“ der hemmungslosen Verbrennung von fossilen Brennstoffen, schafft sich die Menschheit innerhalb (erdgeschichtlich betrachtet) explosionsartig kurzer Zeit ihr eigengemachtes Klima – auch mit fatalen Folgen für das regionale und lokale Wetter. Auf die Fakten machen in diesem Zusammenhang „Scientist for Future (S4F)“ aufmerksam.

Fazit:

Die große Mehrheit der Menschheit ist noch nie geflogen – aber die kleine Minderheit, die regelmäßig fliegt, schadet der Umwelt mit ihrem egoistischen Handeln extrem. Der Betrieb des Hamburger Verkehrsflughafens hat im Jahr 2018 einen Klimaschaden von 154 Mio. Euro verursacht; generationsübergreifend steigt der Schadbetrag sogar auf 547 Mio. Euro. Allein aufgrund der Aufhebung des Verursacherprinzips ist es möglich, Flugpreise von wenigen Cent pro Kilometer anzubieten. Dass dies sittenwidrig ist, stört die Entscheidungsträger (w/i/m) in Politik und Verwaltung kaum. Da das Thema Umweltverschmutzungnicht sexy ist“ und die Flugreisenden nicht verschreckt werden sollen, finden sich keine offiziellen Zahlen zur tatsächlichen Umweltbelastung des Flughafenbetriebes; geschweige, den damit einhergehenden externen Umweltkosten.

Susanne Götze vom Meinungsmedium „Der Freitag“ sagt es klar und deutlich: Hört endlich auf (so viel) zu fliegen!