Fluglärm hat seinen Preis

Als Lärm werden Geräusche (Schall) bezeichnet, die durch ihre Struktur (Lautstärke und Frequenz) auf die belebte Umwelt (Menschen, Tiere) belastend bis gesundheitsschädigend wirken. Lärm stellt eine nichtstoffliche Umweltverschmutzung dar, die das natürliche Lebensumfeld des Menschen negativ beeinflusst. Die daraus resultierenden Schmerzen und das Leid der Betroffenen oder Angehörigen sowie der Verlust an gesunden Lebensjahren werden als sogenannte immaterielle Kosten bezeichnet.

Der Luftverkehr ist eine der größten Umweltbelastungen weltweit. Neben dem Anheizen des Klimawandels und dem Ausstoß von Luftschadstoffen verantwortet das Fliegen über seine Lärmemissionen einen unmittelbaren Eingriff in die Lebensqualität vieler Menschen. Lärmbedingte Erkrankungen sind im Umfeld von Flughäfen sowie im Bereich der Start- und Landekorridore signifikant erhöht.

Luftverkehr kann auf verschiedenen Ebenen zu Beeinträchtigungen für die lärmexponierten, d.h. dem Lärm ausgesetzten Menschen führen. Fluglärm kann messbare vegetative und endokrine (hormonelle) Veränderungen bewirken, die auf lange Sicht zu Stoffwechselstörungen, Organ-Dysfunktionen und Sterbefällen führen können.

I. Psychologische Wirkungen:

  1. Lärmbelästigung: Ab einer bestimmten Stärke (Pegelhöhe und Häufigkeit) kann die individuelle Fluglärmwahrnehmung zu einer erheblichen Belästigung aufgrund von Störungen von Kommunikation (innen wie außen), Beeinträchtigungen von Erholung und Freizeit und der Störung von Lern- und Arbeitsprozessen führen
  2. Kognitive Leistung: Durch Fluglärm kann insbesondere die geistig-emotionale Entwicklung von Kindern verzögert werden (z.B. Wahrnehmung der Umwelt, Aufmerksamkeit auf spezielle Geschehen, Verarbeitung von Informationen im Gehirn, Gedächtnisspeicherung für spätere Erinnerung, Zuweisung von Bedeutungen)
  3. Angst: Auch Angstzustände (v.a. bei rasch anwachsenden und lauten Schallereignissen, z.B. Überflüge in niedriger Flughöhe) können entstehen

II. Physiologische Wirkungen:

  1. Herzkreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfälle, Herzinsuffizienz)
  2. Störungen des Schlafs ((Wieder-)Einschlafen, Durchschlafen)
  3. psychische Erkrankungen (u.a. Depressionen), etc.

Fluglärmexzess: Eine Boeing 747–400 überfliegt in geringer Höhe Wohnhäuser in der Nähe des London Heathrow Airport (Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3165371)

Der InitiativKreis Fluglärm ist der Zusammenschluss von Bürgerinitiativen, Vereinen und Verbänden aus Hamburg und Schleswig-Holstein, die dem Fluglärm – verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafens – den Kampf angesagt haben.

Zum 22. Tag gegen den Lärm (International Noise Awareness Day), der am Mittwoch, den 24. April 2019 unter dem Motto „Alles laut oder was?“ stattfand, hat der IK Fluglärm erstmalig einen Teil des luftverkehrsbedingten Umweltschadens des „Helmut Schmidt-Airports“ ermittelt und die durch den Fluglärm produzierten Lärmfolgekosten beziffert. Das Ergebnis der auf Daten des Umweltbundesamtes (2018; 2019) sowie eigenen Erhebungen basierenden Berechnung lautet: Die fluglärmbedingten immateriellen Gesundheitskosten sowie die konkreten Gesundheitsschäden für die insgesamt ca. 250.000 vom Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Schleswig-Holstein belaufen sich auf ca. 24,8 Mio. Euro pro Jahr!

Ein Negativbetrag, der bislang in keiner Bilanz auftaucht. Bisher verfügt der kommerzielle Flughafenbetreiber (Flughafen Hamburg GmbH – FHG) über ein kostenloses Lärmkontingent. Dieses wurde 1998 festgelegt und seitdem weder den geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen noch den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Lärmfolgeforschung angepasst, d.h. verringert. Derartige Verschmutzungszertifikate zu Lasten Dritter (Freizeichnung zum Austrag (Emission) von Schadstoffen in die Umwelt) sind nicht mehr zeitgemäß und gehören daher abgeschafft!

Fazit:

Mit der vorgelegten Fluglärm-Folgekostenberechnung wurde Neuland betreten. Erstmalig wird zumindest ein Teil der externen Umweltkosten des „Helmut Schmidt-Airports“ offengelegt. Bisher wurde vom Flughafenbetreiber und von den Verantwortungsträgern in Politik und Verwaltung lediglich der monetäre Gewinn durch den Passagier- und Frachttransport betrachtet. Nunmehr ist zu fordern, dass bei der jährlichen Flughafenbilanz stets die verursachten Lärmkosten mit angegeben werden. Außerdem sollte – gleichsam zur Verschmutzungsabgabe bei Abwasser und Abluft – eine Lärmabgabe durch den Flughafenbetreiber an die Stadt Hamburg sowie das Land Schleswig-Holstein entrichtet werden (finanziert durch die Start- und Landeentgelte), mit der Maßnahmen des aktiven Fluglärmschutzes finanziert werden.

Fluglärm hat seinen Preis – dieser ist durch die Belastungsverursacher zu entrichten und nicht (wie bisher) durch die Betroffenen!