CORSIA – Ein Luftverkehrsinstrument zum Austricksen des Klimaschutzes

Das Hamburger Abendblatt hat es erneut getan: Diesmal wurde dem Cheflobbyisten der Luftfahrtbranche, Herrn Klaus-Dieter Scheurle (BDL), eine halbe Seite geschenkt, um gezielt Desinformationen zu verbreiten.

Auf die Frage, ob eine monetäre Kompensation der luftverkehrsbedingt emittierten CO2-Lasten ein moderner Ablasshandel ist, antwortet Herr Scheurle Folgendes: „Der gesamte Luftverkehr ist mit einem Anteil von 2,8 Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen nicht der größte Verursacher. Dennoch nehmen wir die Sache ernst und haben schon viel gemacht. Mit der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel seit 2012 und mit dem CO2-Kompensationssystem „Corsia“ ab nächstem Jahr ist der Luftverkehr als einziger Wirtschaftsbereich in ein weltweit geltendes System der CO2-Bepreisung einbezogen. Schon vor fünf Jahren haben wir darüber hinaus der Bundesregierung vorgeschlagen: Erlassen Sie uns die Luftverkehrsteuer und wir investieren die Summe in neue Flugzeuge. Das wäre eine Lösung, den CO2-Ausstoß zu verringern. Oder in den Aufbau von Produktionsanlagen für alternative Kraftstoffe zu investieren. Da gibt es viele Möglichkeiten, dieses Geld sinnvoll einzusetzen

Abb. 1: CORSIA steht im Wesentlichen für kostenlose Verschmutzungszertifikate der Luftverkehrsbranche. 210 Mio. t CO2 pro Jahr bedeuten einen ungedeckten jährlichen Klimaschaden von 37,8 Mrd. Euro! Zu bezahlen von den Menschen, die am meisten unter der Klimakatastrophe zu leiden haben.

Im Oktober 2016 hat die ICAO die Einführung eines globalen Mechanismus für die Regulierung der Treibhausgas-Emissionen der internationalen Zivilluftfahrt beschlossen – CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation). Unter diesem müssen die Luftfahrtbetreiber ihre Emissionen durch sog. Offset-Zertifikate kompensieren (d.h. monetär „ausgleichen“). Das System wird in drei Phasen eingeführt: An einer Pilotphase 2021 – 2023 und einer ersten Phase 2024 – 2026 können Staaten freiwillig teilnehmen. In der zweiten Phase 2027 – 2035 ist die Teilnahme für alle Staaten verpflichtend. Ausgenommen sind Staaten mit einem sehr geringen Anteil an den globalen Flugbewegungen.

Das Treibhausgasziel der Luftfahrtbranche ist ein CO2-neutrales Wachstum ab 2020, jedoch keine absolute Emissionsminderung. Erreicht werden soll dies, indem die Fluggesellschaften weltweit CO2-senkende Klimaschutzprojekte finanzieren, mit denen in entsprechender Größenordnung die Emissionen aus dem zusätzlichen Luftverkehr (auf dem Papier) ausgeglichen werden. Umwelt- sowie Klimaschutzexperten bemängeln, dass das vorgesehene System die Belastungsart und den -ort von der Kompensationsart und dem -ort trenne (Entkoppelung), keinen Reduktionsmechanismus enthalte und wesentlich zu spät komme. Zudem ist völlig offen, welche fachlichen Standards für die Kompensationszertifikate gelten und wer deren dauerhafte Einhaltung kontrolliert. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass durch CORSIA lediglich die direkten CO2-Emissionen erfasst werden. Diese machen jedoch nur einen Teil des Strahlungsantriebs des Flugverkehrs aus, der für den Effekt auf die Klimaerwärmung maßgeblich ist. Kurzum: CORSIA dient dem Greenwashing des kommerziellen Luftverkehrs, nicht jedoch dem Klimaschutz!

Abb. 2: Die räumliche und inhaltliche Trennung von Belastungsart und Belastungsort von der Kompensationsart und dem Kompensationsort (Entkoppelung / Offsetting) vermindert nicht eine einzige Tonne der luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen.

Fazit: Wer ab dem Jahr 2020 nur die ab dann anfallenden zusätzlichen luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen mittels Ablassbriefkompensieren“ möchte, wie CORSIA es vorsieht, ist eindeutig Teil des Problems. Überdeutlich wird, dass sich die Luftverkehrsbranche in gewohnter Art und Weise aus der Verantwortung für echten Klimaschutz stiehlt. Kritischer Journalismus würde dies aufdecken. Hofberichterstattung dagegen duckt sich weg. Das Politmagazin „Monitor“ war vor drei Jahren (2016) bereits weiter! Weniger Fliegen ist die einzige wirksame Maßnahme, um den Klimakiller Luftverkehr einzubremsen. Da der weitaus größte Teil der Passagiere ein rein preisgetriebenes Mobilitätsinteresse aufweist, müssen die sittenwidrig niedrigen Flugpreise wesentlich angehoben werden.

Abb. 3: Obwohl der weltweite Luftverkehr bis zum Jahr 2050 um 700 % wachsen soll, verspricht die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) mit Hilfe von Emissionsgutschriften ab 2020 „klimaneutral“ zu wachsen. Tatsache ist jedoch, dass mittels Emissionsgutschriften im Flugverkehr nicht eine einzige Tonne Kohlenstoffdioxid eingespart wird. Graphik von Lynne Stuart (CC BY-NC-ND 4.0)