Lärm-Zuschlag

Zweck des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmschutzgesetz 2007) ist „der Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm“. Hierzu wird der durch den Betrieb eines Flugplatzes generierte Lärmbereich nach dem Ausmaß der Belastungen in zwei Schutzzonen für den Tag und eine Schutzzone für die Nacht gegliedert. Schutzzonen sind jeweils diejenigen Gebiete, in denen der durch den Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauerschallpegel „L(tief)Aeq“ sowie bei der Nacht-Schutzzone zusätzlich der fluglärmbedingte Maximalpegel „L(tief)Amax“ jeweils bestimmte Messwerte übersteigt.

Soweit so gut; jetzt beginnt der Teil, der mit „massive Einflussnahme der Fluglobby bei der Gesetzgebung“ zu überschreiben ist: Bei den maximal zulässigen Lärmpegeln in den drei Schutzzonen wird unterschieden zwischen sogenannten neuen oder wesentlich baulich erweiterten (zivilen) Flugplätzen und bestehenden (zivilen) Flugplätzen.

Neue oder wesentlich baulich erweiterte Flugplätze im Sinne des Fluglärmschutzgesetzes sind Flugplätze, für die ab dem 7. Juni 2007 eine Genehmigung, eine Planfeststellung oder eine Plangenehmigung für ihre erstmalige Anlegung, den Bau einer neuen Start- oder Landebahn oder eine sonstige wesentliche bauliche Erweiterung erteilt wurde bzw. wird. Eine „sonstige bauliche Erweiterung eines Flugplatzes“ ist dann als wesentlich zu erachten, wenn sie zu einer Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels „L(tief)Aeq Tag“ an der Grenze der Tag-Schutzzone 1 oder des äquivalenten Dauerschallpegels „L(tief)Aeq Nacht“ an der Grenze der Nacht-Schutzzone um mindestens 2 dB(A) führt.

Konsequenz dieser kryptischen Regelung ist, dass in Hamburg (als angeblich seit 2007 nicht wesentlich baulich erweiterter Flughafen – hierzu unten mehr) die fluglärmbedingten Dauerschallpegel mindestens 5 dB(A) höher sein dürfen als es der Stand der Lärmbelastungsforschung für verträglich erachtet. Zur Erinnerung: Eine Verdoppelung der Schallleistung entspricht einer Schallpegelerhöhung um 3 dB(A).

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In Hamburg darf es deutlich lauter sein! – Sehr zur Belastung der betroffenen Bevölkerung

Der Betrieb des innerstädtisch gelegenen Hamburger Flughafens „Helmut Schmidt“ in seiner heutigen Form fußt auf veralteten Genehmigungen und Regeln. In den 1950er bis 1970er Jahren wurden maßgebliche Entscheidungen getroffen, die weder seinerzeit noch heutzutage auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft wurden. Dazu kommen dann noch Ausbauprogramme (Terminal 1 und 2, AirportPlaza, S-Bahn-Anschluss, Luftfrachtzentrum, Vorfelderweiterung), die zu einer erheblichen Kapazitätserhöhung geführt haben.  Auch der Vergleich der  Flughafeninfrastruktur (2015) zu der in acht Jahren geplanten Flughafeninfrastruktur (2025) belegt, dass der Flughafen „Helmut Schmidt“ als wesentlich baulich erweitert anzusehen ist.

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Genehmigungen, Regeln, Beschlüsse und Ausbauten am Flughafen „Helmut Schmidt“

Fazit: Die bestehende „Unendlichkeitsklausel“ des Fluglärm(schutz)gesetzes verhindert einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor den unzumutbaren Belastungen des Luftverkehrs. Als Folge müssen Bürgerinnen und Bürger in offiziell zwar nicht ausgewiesenen, real jedoch bestehenden Fluglärmzonen leben, ohne hierfür einen angemessenen Nachteilsausgleich zu erfahren. Der 5 dB(A)-Aufschlag widerspricht jeglichen Erkenntnissen der Lärmbelastungsforschung; er führt zu einer erheblichen Vergrößerung der ungerechten Nutzen-/Lastenverteilung – sozial geht anders.